Mit diesen drastischen Folgen müssen deutsche Gäste und Betriebe rechnen
„Das schaffen wir nie wieder ab“, hatte schon Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Wahlkampf 2021 versichert. Die Rede ist vom reduzierten Mehrwertsteuersatz. Kurz nach Ausbruch der Coronapandemie wurde die Steuer von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt, um die von Schutzmaßnahmen besonders schwer betroffene Branche zu entlasten. Im Oktober 2022 wurde die Ausnahmeregelung noch einmal um ein Jahr verlängert.
Ende 2023 wird – sollte es keine Kurskorrektur geben – Schluss damit sein. Gastronomen und Branchenverbände schlagen Alarm, sie fürchten katastrophale Folgen für heimische Gaststätten. Zu viele davon haben es ohnehin schon nicht geschafft, die Krisen der letzten Jahre zu übertauchen. Für viele weitere, die mit messerscharfen Margen kalkulieren, wäre der Verlust der Ermäßigung der Todesstoß, heißt es. Warum hängt von ein paar Prozentpunkten so viel ab?
„Das schaffen wir nie wieder ab“, hatte schon Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Wahlkampf 2021 versichert. Die Rede ist vom reduzierten Mehrwertsteuersatz. Kurz nach Ausbruch der Coronapandemie wurde die Steuer von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt, um die von Schutzmaßnahmen besonders schwer betroffene Branche zu entlasten. Im Oktober 2022 wurde die Ausnahmeregelung noch einmal um ein Jahr verlängert.
Ende 2023 wird – sollte es keine Kurskorrektur geben – Schluss damit sein. Gastronomen und Branchenverbände schlagen Alarm, sie fürchten katastrophale Folgen für heimische Gaststätten. Zu viele davon haben es ohnehin schon nicht geschafft, die Krisen der letzten Jahre zu übertauchen. Für viele weitere, die mit messerscharfen Margen kalkulieren, wäre der Verlust der Ermäßigung der Todesstoß, heißt es. Warum hängt von ein paar Prozentpunkten so viel ab?
Kommt noch ein Preisschock?
Wie prekär die Lage ist, wird klar, wenn man die Kostensteigerungen für Gastronomien in den letzten Jahren zusammenrechnet: Nicht nur die Inflation bei Lebensmitteln und Energie ist seit Langem zweistellig, auch Personalkosten sind im Schnitt um mehr als 21 Prozent gestiegen. Gleichzeitig sind Gewinne in der Gastronomie 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte eingebrochen. Auch im ersten Quartal 2023 lagen die Umsätze immer noch um 12,5 Prozent unter dem Vergleichsquartal von 2019.
Sprich: Wirte werden es sich schwer oder gar nicht leisten können, die Mehrwertsteuer von 19 Prozent nicht an Gäste weiterzugeben. Rechnerisch würde das Mahlzeiten im Restaurant um 11,2 Prozent teurer machen. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) würden sich daraufhin auch ein Großteil der Restaurantbetreiber zu verringerten Öffnungszeiten entscheiden. Zumindest die, die nicht in die Insolvenz schlittern. 12.000 Unternehmen würden bei einer Steuererhöhung ihr Geschäft aufgeben, schätzt Dehoga-Geschäftsführerin Ingrid Hartges. Rund 36.000 haben seit Corona bereits das Handtuch geworfen.
„Ohne die Steuersenkung wären wir durch“, erklärte Multigastronom Tim Mälzer kürzlich gegenüber dem Handelsblatt. Auch andere prominente Stimmen fordern eine Entfistung der Steuersenkung. Die Wiederanhebung des Mehrwertsteuersatzes für Essen in der Gastronomie sei “eine denkbar schlechte und ungerechte Idee mit diversen fatalen folgen”, schreibt Drei-Sterne-Koch Christian Bau in einem Gastbeitrag für Die Welt.
Was kostet die Ermäßigung dem Staat?
Das eingangs erwähnte Scholz-Zitat wird von vielen als Versprechen gesehen, das nun im Begriff ist, gebrochen zu werden. Im neuen Haushaltsentwurf hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) eine Verlängerung der Regelung nicht vorgesehen. Eine endgültige Entscheidung soll im November kommen. Warum die Verlängerung so umstritten ist, erklärt sich durch die für Bund und Länder wegfallenden Steuereinnahmen. Bleibt der Steuersatz auf sieben Prozent gesenkt, müssten 3,4 Milliarden Euro gegenfinanziert werden.
Geld, das auch anderwertig eingesetzt werden könnte. „Die Pandemie ist vorbei, und die Restaurants haben ihre Zusatzkosten längst auf die Preise draufgeschlagen“, sagt Marija Linnhoff, Vorsitzende des Verbands unabhängiger selbstständiger Reisebüros (VUSR) dem Handelsblatt. „Wenn die Gaststätten nicht die ansonsten übliche Mehrwertsteuer zahlen können, sollten sie an ihrem Geschäftsmodell arbeiten.“
Eine niedrigere Mehrwertsteuer könne sich jedoch selbst refinanzieren, weil Restaurants billigere Preise anbieten könnten, argumentiert IW-Ökonom Tobias Hentze gegenüber Business Insider.
Wie sieht Gerechtigkeit aus?
Als weiteres Argument gegen die niedrige Mehrwertsteuer wird oft die Steuergerechtigkeit angeführt. “Die niedrigere Mehrwertsteuer im Restaurant ist unfair”, schrieb kürzlich ein Wirtschaftsredakteur der Welt in einem Kommentar. “Mit keiner Silbe wird eines der wichtigsten Argumente zur Beibehaltung genannt, dass die Pizza im Karton genau wie Lebensmittel eh bei 7% ist”, kontert Martin Behle, Chief HoReCa Officer bei METRO, auf LinkedIn, “wohingegen, wenn ich mir Tisch, Stuhl und Besteck leihe, zukünftig wieder 19% fällig werden.”
Dass bei der Besteuerung ein Unterschied zwischen Essen aus dem Supermarkt, To-go-Gerichten und Essen im Restaurant besteht, ist in anderen Ländern der EU nicht üblich. Zudem liegt der Mehrwertsteuersatz in mehr als der Hälfte der EU-Länder unter 19 Prozent. So verwundert es nicht, wenn Branchenvertreter angesichts der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eine dauerhaft gesenkte Mehrwertsteuer fordern.
Eine Petition der Vereinigung Jeunes Restaurateurs Deutschland, die bereits mehr als 10.000 Unterschriften erreicht hat, kann hier unterstützt werden.