Intensivgenuss
Fotos: Shutterstock, Wolfgang Hummer
Die Leber ist eine Delikatesse. Das ist sie eigentlich schon immer, nur glauben es manche einfach nicht. Rezepte mit Innereien wie Leber, Herz, Zunge oder Bries gerieten immer weiter in Vergessenheit, oftmals werden sie noch heute regelrecht vermieden und tabuisiert. Das liegt zum einen am Aussehen, zum anderen an der absurden Vorstellung, dass es Abfallprodukte bei der Schlachtung sind, die billig mitverwendet werden. Nachdem jahrzehntelang Innereien-Rezepte zum guten Repertoire der Küche zählten, beschränkte sich die große Masse seit über 50 Jahren auf die besten Stücke des Tieres: Filet, Schulter und Brust. Die gehobene Küche verbannte Innereien und bestärkte die Meinung der breiten Masse. Die zarte Konsistenz von Leber & Co. und mutige Köche bringen sie zurück auf die Teller: Spitzengastronomen und eine Reihe von Kochbüchern fokussieren sich erneut auf die inneren Werte der Tiere. Unbeirrt vom Aussehen oder anderen Bedenken, servieren…
Fotos: Shutterstock, Wolfgang Hummer
Die Leber ist eine Delikatesse. Das ist sie eigentlich schon immer, nur glauben es manche einfach nicht. Rezepte mit Innereien wie Leber, Herz, Zunge oder Bries gerieten immer weiter in Vergessenheit, oftmals werden sie noch heute regelrecht vermieden und tabuisiert. Das liegt zum einen am Aussehen, zum anderen an der absurden Vorstellung, dass es Abfallprodukte bei der Schlachtung sind, die billig mitverwendet werden. Nachdem jahrzehntelang Innereien-Rezepte zum guten Repertoire der Küche zählten, beschränkte sich die große Masse seit über 50 Jahren auf die besten Stücke des Tieres: Filet, Schulter und Brust. Die gehobene Küche verbannte Innereien und bestärkte die Meinung der breiten Masse. Die zarte Konsistenz von Leber & Co. und mutige Köche bringen sie zurück auf die Teller: Spitzengastronomen und eine Reihe von Kochbüchern fokussieren sich erneut auf die inneren Werte der Tiere. Unbeirrt vom Aussehen oder anderen Bedenken, servieren französische, italienische und spanische Köche ihren Gästen fortlaufend Innereien als Delikatessen.
die Leber sei der
Mulleimer des Korpers.
Ja, aber nicht nur!
"Leber lieber ungefährlich“
Die Leber ist das Filterorgan im Körper. Böse Zungen würden behaupten, sie sei der Mülleimer und Tummelplatz für alles, was der Körper nicht will. Aber wieso wollen wir sie? Gesundheitlich betrachtet hat die Leber von allen tierischen Lebensmitteln die meisten Vitamine und Mineralstoffe: Vitamin A, B1, B2, C und D sowie Folsäure und Eisen unterstützen die Stoffwechselvorgänge im Körper. Allerdings kann sie aufgrund der Funktion als Entgiftungsorgan Schadstoffe und Schwermetalle enthalten. Deshalb nur Innereien von ausgewählten Lieferanten beziehen. Kadmium, Quecksilber und Blei sind gerade bei älteren Tieren in der Leber zu finden. Die Leber von Jungtieren wie Lamm und Kalb ist weniger belastet. Das liegt schlicht an der geringeren Lebensdauer.
Die Zubereitung von Leber ist mitunter etwas tricky. Zu lange oder zu scharf angebraten wird sie hart, verliert Geschmack und Inhaltsstoffe. Kurz gebraten oder mit Gemüse gebacken entfaltet sie ihren vollen Geschmack und bleibt zart. Vorher in Mehl paniert verschließen sich die Poren – das schützt vor dem Austrocknen. Leber ist jedem Gewürz dankbar: Mit Majoran, Lorbeer und Thymian wird der milde Geschmack der Kalbsleber unterstützt, mit Pfeffer, Apfelessig und Honig begleitet kann die herzhafte Rinderleber in der Pfanne ihren Geschmack entfalten. Grundsätzliches: Erst am Schluss salzen, denn das Salz entzieht ihr Wasser und Aroma. Die Delikatesse überzeugt in all ihren Varianten – einen Überblick finden Sie auf den nächsten Seiten.
RIND
Die Farbe der Rinderleber ist dunkel, ihr Geschmack ist kräftig und kann durch Gallenstoffe bitter sein. Diesem kann man entgegenwirken, indem man sie vor der Zubereitung etwa eine Stunde in Milch einlegt. Für Füllungen und große Runden eignet sie sich aufgrund des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses ausgezeichnet.
Preis je Kilogramm: 4 bis 6 €
KALB
Kalbsleber stammt von Jungrindern vor der Geschlechtsreife, die bis zu ein Jahr alt sind. Der Geschmack ist mild und zart. Sie bleibt beim Braten saftig und ist die wahre Grundlage von Spezialitäten wie einer Leberterrine. Die Farbe sollte hell- bis braunrot sein, wohingegen weißliche Kalbslebern gemieden werden sollten. Man kann sie kurzbraten und grillen.
Preis je Kilogramm: 25 bis 35 €
SCHWEIN
Kalbsleber stammt von Jungrindern vor der Geschlechtsreife, die bis zu ein Jahr alt sind. Der Geschmack ist mild und zart. Sie bleibt beim Braten saftig und ist die wahre Grundlage von Spezialitäten wie einer Leberterrine. Die Farbe sollte hell- bis braunrot sein, wohingegen weißliche Kalbslebern gemieden werden sollten. Man kann sie kurzbraten und grillen.
Preis je Kilogramm: 3 bis 6 €
LAMM
Lammleber ist hellrosa gefärbt und nur sehr schwer zu bekommen. Oftmals wird sie mit Schaf- oder Hammelleber verwechselt. Lämmer sind unter einem Jahr alt, Hammel zwischen einem und zwei Jahren und Schafe sind älter als zwei Jahre. Lammleber ist milder als Hammel oder Schafsfleisch und deswegen etwas Besonderes. Im Geschmack ähnelt sie der Kalbsleber.
Preis je Kilogramm: 3 bis 6 €
HUHN
Geflügelleber – im Besonderen die von Hühnern – ist kräftig rot. Sie ist im Vergleich zu der Leber von anderen Tieren sehr klein und preiswert. Der Geschmack und die Konsistenz ähneln der Rinderleber. Hühnerleber eignet sich wegen des intensiven Geschmacks gut für Aufläufe, als Ragout oder rosa gebraten als Vorspeise. Sie lässt sich eingefroren aufbewahren.
Preis je Kilogramm: 4 bis 6 €
Taube
Taubenleber hat eine rötlich braune Farbe. Die Konsistenz ist zart zergehend. Die kleinen Leberstücke eignen sich gut als geschmackliches i-Tüpfelchen in Suppen und werten als feine Creme jedes Gericht auf.
Preis je Kilogramm: 25 bis 35 €
FISCH
Die Quappe ist die einzige Angehörige der Dorschfamilie im Süßwasser und ein wohlschmeckender Fisch. Die Leber der Quappe ist weißlich rosa und im Vergleich zu anderen Fischlebern sehr groß. Fischleber sollte nur aus biologischer Zucht verzehrt werden, da alle Giftstoffe in der Leber gefiltert werden. Die Fischleber wird in Nordeuropa als Delikatesse angesehen.Quappenleber ist schwer zu bekommen und hat kein festes Preisgefüge.
Preis je Kilogramm: bis zu 40€
foie gras oder graus?
Gans oder gar nicht? Diese Frage entsteht aufgrund der kontroversen Auffassung zwi-
schen Industrie und Tierschutz. Denn die industrielle Massenproduktion der Foie gras, der Stopfleber, ruft oft Empörung hervor. Bei der Herstellung der Stopfleber wird, wie der Name schon vermuten lässt, die Gans – mitunter auch gewaltsam – über drei bis vier Wochen hinweg mit mehr Futter als sie in freier Natur zu sich nehmen würde, gestopft. Dicklicher Maisbrei, über lange Rohre in den Magen gepumpt, setzt sich in der Leber als Fett an. Das gibt der Foie gras die gelbliche Farbe, einen Fettgehalt von bis zu 50 Prozent und eine Größe von ein bis zwei Kilogramm statt natürlicher 300 Gramm.
Dass das klappt, ist eine Finte der Natur: Die Tiere nutzen die Fetteinlagerung in ihrer Leber in freier Wildbahn als Energiespeicher für die langen Flüge in den Süden. Dass sich die Gänseleber um das Zwei- bis Dreifache im Herbst und Winter vor Antritt der Flugreise vergrößert, wussten schon die dem Genuss nicht abgeneigten Ägypter und Römer. Letztere waren von der fetten, gemästeten Leber so begeistert, dass sie die Tiere mit Feigen fütterten. So exzessiv, dass das ursprüngliche Wort für Leber in Vergessenheit geriet und das heutige italienische „fegato“ für Leber gleichbedeutend ist mit „gemästet“. Das sollte den Stellenwert des Foie gras hinreichend
erklären. Neben den Römern wissen auch die Franzosen die Fettleber zu schätzen: Sie haben die Foie gras 2005 zum Kulturerbe erklärt und zählen mit einem Anteil von 75 Prozent am Erzeugungsmarkt zu den Big Playern. Der Name Foie gras ist dort übrigens für Stopfleber über 400 Gramm geschützt.
Einen geschützten Posten hat sie auch in der Sternegastronomie. Um nicht nur saisonal im Herbst und Winter eine große, fettige Gänseleber anbieten zu können, müssen die Tiere unnatürlicherweise ganzjährig überfüttert werden. Der Marktpreis der Foie gras von rund 80 Euro lässt so manche ethischen Bedenken der Hersteller davonfliegen – das können die Tiere übrigens wegen ihres gemästeten Gewichts nicht mehr.
Innerei schreit das
Gewissen so laut:
die Foie Gras zwischen
Verbot und Kulturerbe.
Gans auf Leber verzichten?
Nicht nur aus ethischer Sicht, sondern auch aufgrund des Tierschutzgesetzes, das die Mastform des Stopfens in Deutschland, Österreich und einigen anderen Ländern verbietet, stellt sich die Frage nach Alternativen. Der Import und Verkauf der Foie gras ist hingegen weiter erlaubt, was den Marktanteil der Franzosen erklärt. Die Unnatürlichkeit der Mast wird langsam auch Züchtern bewusst, sodass sie sich im Besonderen in den Ländern, in denen das Stopfen verboten ist, auf eine natürliche Aufzucht konzentrieren. Dieses Heranwachsen ohne Stopfen, bringt allerdings eine weniger fette, dafür bekömmlichere Leber hervor. Es werden bevorzugt Tiere bei der Produktion verwendet, die von Natur aus gute Esser und schwer sind. Trotzdem erreicht die Leber nicht die unnatürliche 400-Gramm-Grenze und darf deshalb nicht als Foie gras deklariert werden.
In Spanien lebt Eduardo Sousa, der Gänseflüsterer. Er zieht auf seiner Farm in Extremadura, südlich von Madrid, Gänse heran ohne diese zu stopfen. Sie nutzen einen großen Auslauf. Die angeborene Fähigkeit zur Energiespeicherung Fett in der Leber einzulagern wird unterstützt, nicht provoziert. Daher bietet Sousa nur einmal im Jahr biologische Gänseleber an. Anfangs, vor rund zehn Jahren, fiel der Verkauf dieser Gänseleber spärlich aus. Die Käufer vertrauten der weißlichen Leber nicht: Der gelbliche Farbton, der in der gehobenen Küche verwendeten Foie gras, fehlte. Sousa mischte nach einigen Versuchen gelbe Lupine, eine Pflanze aus der Familie der Hülsenfrüchte, unter das Futter. Et voilà, schon ist sie gelb. Also: Gans oder gar nicht? Verzichten auf die Massenproduktion, ja, aber Leber à la Sausa, sehr gerne.