Gibt’s für Süßwein Saures?
Es war für viele einfach eine Weinversteigerung wie viele andere. Nicht so für den französischen Sommelier Christian Vanneque: Er wollte eine der feilgebotenen Flaschen unbedingt haben und war am Ende bereit, satte 85.000 Euro dafür zu bezahlen. Damit war er der Besitzer des teuersten Weißweins, der je seinen Besitzer gewechselt hatte: ein Château d’Yquem, Jahrgang 1881. Ein Süßwein allererster Güte aus der französischen Sauternes.
Es war für viele einfach eine Weinversteigerung wie viele andere. Nicht so für den französischen Sommelier Christian Vanneque: Er wollte eine der feilgebotenen Flaschen unbedingt haben und war am Ende bereit, satte 85.000 Euro dafür zu bezahlen. Damit war er der Besitzer des teuersten Weißweins, der je seinen Besitzer gewechselt hatte: ein Château d’Yquem, Jahrgang 1881. Ein Süßwein allererster Güte aus der französischen Sauternes.
Diese Geschichte ist gerade einmal elf Jahre alt. Sie erzählt von einer Zeit, in der hochwertige Süßweine nicht nur bei Auktionen wie dieser hoch im Kurs standen. Sondern auch in Österreichs und Deutschlands Restaurants, wie Master Sommelier Alexander Koblinger zu erzählen weiß. Süßweine wurden gern zu Nachspeisen und als Digestif gereicht. Eine Trinkkultur, die sich plötzlich geändert hat, sagt Koblinger. „Der Süßwein ist irgendwie aus den Köpfen der Menschen entschwunden.“ Eine Entwicklung, die dem erklärten Süßwein-Fan sauer aufstößt – und der er selbst in seiner Tätigkeit als Sommelier in Döllerer’s Genusswelten entgegenwirkt. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man die Gäste nur anstoßen muss, dann sind sie ganz begeistert von süßen Prädikatsweinen.“
Österreich als pikanter Boden?
Einer, der die Weinwelt international kennt wie wenige andere, ist Weinakademiker Hans Holletz. Als Ausbilder der Weinakademie ist er in halb Europa unterwegs. Der 51-Jährige bestätigt zwar diese Entwicklung – grenzt sie jedoch ein: „Es hat den Anschein, als wäre hier der Prophet im eigenen Land nichts wert“, sagt er. So würde aus seiner Sicht der internationale Markt – vor allem die USA und Asien – auf die österreichischen Trockenbeerenauslese und Auslesen regelrecht abfahren.
Das Spiel aus Säure und Süße ist für die Bar einfach herrlich!
Isabella Lombardo, Barkeeperin der Lvdwig Bar
Bloß in Österreich würden sie eher ein Nieschendasein fristen. Der Grund dafür liegt seiner Meinung nach einerseits in der unglaublich hohen Qualität, die edelsüße Weine vor allem aus der Region Neusiedlersee mitbringen, und andererseits an ihrem im internationalen Vergleich einmaligen Preis-Leistungs-Verhältnis. Prädikatsweine dieser Liga keltern etwa die Gebrüder Nittnaus.
Unter dem Herkunftssiegel Neusiedlersee DAC haben sie sich mit ihren Auslesen und Eisweinen längst weltweit einen Namen gemacht. Sie sagen: „Wir haben das Glück, dass die für die hochwertige Süßweinproduktion notwendige Edelfäule Botrytis die Trauben in den meisten Jahren zu 100 Prozent befällt.“ Das bedeutet: Die Auslesearbeit, also das Trennen der süßen Botrytisbeeren von den restlichen, ist minimal.
„Dadurch können wir im Vergleich zu allen anderen vergleichbaren Regionen der Welt einfach einen viel besseren Preis bei besonderer Qualität abrufen“, sagt Andreas Nittnaus. Und die Wahrnehmung der Gebrüder Nittnaus deckt sich mit der ihrer Fachkollegen: „Der Konsum von Süßweinen hat vor und dann während der Pandemie seine Talsohle durchschritten. Die Kurve geht aktuell auch national nach oben.“ Das bringen die Winzer unter anderem mit dem aktuell sehr stark spürbaren Wermuth-Trend in Verbindung.
Süßweine mischen die Bar auf
Das bestätigt auch Torsten Aumüller, Geschäftsführer von Neusiedlersee DAC. Er hat erkannt, dass edelsüße Prädikatsweine in der Barwelt Relevanz haben könnten. Ähnlich wie in Portugal schon seit Jahren feine Portweine für großartige Drinks wie Porto-Tonic verwendet werden, forciert er daher Ideen wie jene von Star-Barkeeperin Isabella Lombardo. In der Lvdwig-Bar am Wiener Naschmarkt experimentiert sie sehr erfolgreich mit Trockenbeerenauslesen und Auslesen.
Es hat den Anschein, als wäre der Prophet im eigenen Land nichts wert!
Weinakademiker Hans Holletz über Süßweine
Sie sagt: „Süßweine stellen eine besonders hochwertige Weingattung dar. In der Bar dienen sie deshalb als perfekter Zuckerersatz. Außerdem enthalten gut gemachte Süßweine auch immer relativ viel Säure.“ Diese Balance zwischen Säure und Süße sei ihrer Meinung nach für viele Cocktails und deren restliche Zutaten ein großer Vorteil, da man so die einzelnen Nuancen des Drinks besser unterstreichen und hervorheben kann.
Ein Trend, den Alexander Koblinger gerne sieht. Schließlich ist seiner Meinung nach alles, was mit hoher Präzision aus hochwertigen Zutaten entsteht, immer ein Genuss. Randnotiz am Ende: Auf dem Schreibtisch des Super-Sommeliers steht genau eine leere Weinflasche zur Erinnerung an einen besonderen Abend: Ein Tokaij Eszencia aus dem Jahr 1888. Ein Süßwein höchster Güte.
Edelsüße Weine
Wenn man von Süßwein spricht, ist in der Regel die Rede von edelsüßen Weinen wie Trockenbeerenauslesen, Auslesen oder Eisweinen. Diese werden meist aus von Edelfäule, der Botrytis cinerea, befallenen Trauben gekeltert. Der Pilz perforiert die Oberfläche der Beeren und sorgt so dafür, dass Wasser aus der Beere verdunstet und der Zuckergehalt in ihr erhöht wird. Das erfordert besonderes Geschick des Winzers und ist nur in wenigen Regionen der Welt möglich. Eine der besten dafür ist im Burgenland zu finden und unter der Herkunftsmarke Neusiedlersee DAC geschützt.