Mister Fancy
Frecher Querdenker
Bei Businessmeetings hält man ihn oft für einen Praktikanten, denn sein Outfit ist stets leger. Die Überraschung ist sein Kalkül und wichtigstes Managementtool. Marcus Wöhrl leitet mit 30 Jahren zehn hotels und will durch unkonventionelle Aktionen die Branche ordentlich aufmischen.
In letzter Zeit war es fast unmöglich, nichts von Ihren Aktionen mitzubekommen.
Marcus Wöhrl: Wir geben unser Bestes.
Sie werben im Internet mit schlüpfrigen Raumbezeichnungen und Werbesprüchen. Die Namen der Tagungsräume lauten etwa „Bunga Bunga“ und „Folterkammer“. „Und wer dann noch nicht eingelocht hat, tut es spätestens auf der riesigen angrenzenden Golfanlage“, heißt es weiter auf der eigenen Website.
Wöhrl: Wir sehen uns als psychologische Hotelkette, die versuchen will, der Gesellschaft einen Spiegel ihrer eigenen Fähigkeiten vors Gesicht zu halten. Die Gesellschaft belügt sich ja oft mal selbst und entrüstet sich über viele Dinge, doch hinter verschlossenen Türen sind die meisten gar nicht so prüde. Daher auch unsere Strategie mit zweideutigen Bildern und Sprüchen, die dann auch gleich im Hotel für Gesprächsstoff zwischen Gästen und Mitarbeitern sorgen. Wir wollen uns ganz einfach als ein liberales, tolerantes und weltoffenes Hotel präsentieren. Dormero soll bei den Gästen Diskussionsgrundlage im Alltag werden. Dabei kann man sich auch das Maul über uns zerreißen und uns beschimpfen. Solange die Leute über uns reden, bin ich völlig zufrieden.
Aktuell leiten Sie neun Dormero Hotels und das Airport Hotel Dresden. Hat Ihr Vater die Dormero Hotels aufgebaut?
Wöhrl: Mein Vater hat die Lizenz für dieses Produkt gegründet, aber das erste Hotel hat er nicht aufgemacht. Das habe ich mit einem Freund von mir 2006 durchgezogen und dafür haben wir die Lizenz von meinem Vater genommen.
Und war bereits damals das Interieur-Design, Look&Feel, so, wie es heute ist?
Wöhrl: Nein, überhaupt nicht. So, wie wir heute ticken, ist das erst seit 2013. 2006 waren wir ja noch sehr klein. Da hat sich dann mein Vater mit der Gold Inn AG zusammengetan. Dort war ich Geschäftsführer und im Vorstand. 2013 im März habe ich da allerdings das Handtuch geschmissen und im Juli die Firma wieder zurückgekauft, komplett umfirmiert und alles neu ausgerichtet.
Dann musste aber natürlich bei allen bestehenden Hotels dieses neue Konzept umgesetzt werden.
Wöhrl: Stimmt. Da haben wir in diesem Jahr erst die letzten Hotels auf unser gewünschtes Level transferiert und so auch die Standards angehoben. Provokante Sprüche, Bilder und Aktionen inklusive.
Haben sich durch diese Neuausrichtung viele Gäste von Ihren Hotels abgewandt?
Wöhrl: Mir war von vorneherein klar, dass ich gar nicht allen gefallen muss! Es gibt doch immer genug Leute, die einfach etwas Verrücktes wollen. Dadurch hat es natürlich einen gewissen Austausch der Gästeschicht gegeben. Das große Unternehmen Porsche etwa hat sich von uns verabschiedet, da ihnen die Namen unserer Seminarräume nicht political correct genug waren. Gerade Porsche, die ja nicht gerade für Umweltschutz oder Nachhaltigkeit stehen, haben sich über Schilder aufgeregt. Ich finde das eher amüsant.
Stammen diese PR-Ideen von Ihnen oder gibt es dafür ein Team?
Wöhrl: Ich bin da wohl sehr von meinem Vater inspiriert worden. Der hat ebenfalls seit jeher offensive Werbestrategien forciert und predigte mir stets, dass auch ich immer gegen den Strom schwimmen solle. Der Alltag darf nicht langweilig und prüde werden. Im Detail schaut es also so aus, dass ich die kreativen Ideen habe und unser Marketingteam diese dann umsetzt. Das ganze Team besteht übrigens aus Frauen, was auch extrem komisch ist, da sich ja permanent Leute wegen des angeblichen Sexismus in unseren Kampagnen beschweren.
Aber eine gewisse Prise Sex scheint doch immer irgendwo mitzuschwingen?
Wöhrl: Nicht immer. Wir kokettieren mit zwei Dingen: zum einen natürlich mit zweideutiger Offenheit, die die Prüderie der Leute ansprechen soll. Zum anderen aber auch mit Tierschutz. Wir haben etwa auf unseren Aufklebern immer Hunde oder andere Tiere drauf. Das hat den Grund, dass es in jedem Hotel das eine oder andere Haustier gibt, das wir aus einem Tierheim holen, um das wir uns kümmern und das wir in den Hotelalltag integrieren.
Wie versuchen Sie noch, gegen den Strom zu schwimmen?
Wöhrl: Pay-TV ist bei uns ebenfalls kostenfrei. Man kann daher mehr als 20 Kinofilme und 60 Pornos gratis ansehen. Das Kuriose dabei ist, dass sich die Leute mittlerweile eher darüber beschweren, warum es ein Ungleichgewicht an Homosexuellen-Pornos und Hetero-Pornos gibt. Das ist doch ein witziger Prozess, den man dabei beobachten kann!
Michael Käfer ist ja jetzt stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Ihnen. Wie kam es dazu?
Wöhrl: Herr Käfer ist ein guter Freund meines Vaters und daher kennt man sich schon sehr lange. Mein Dad gab mir dann auch den Tipp, dass ich doch bei Herrn Käfer anfragen solle, obwohl er sonst noch nirgends in einem Aufsichtsrat sitzt, ihn ins Boot zu holen. Und da wir in Zukunft noch mehr Fokus auf die Gastronomie legen wollen, ist es natürlich eine große Ehre, dass ein so erfahrener Mann uns mit Rat und Tat zur Seite steht.
Was sind Ihre Ziele?
Wöhrl: Wir wollen auf jeden Fall den deutschsprachigen Raum ausbauen und sehen uns derzeit sehr stark in Österreich nach neuen Locations um. Auf lange Sicht sehe ich unser Produkt aber vor allem in Amerika.