Kerstin Rapp-Schwan: Retterin mit Herz und Blut
Kerstin Rapp-Schwan denkt in großen Zusammenhängen. Etwa in der Diskussion, ob in Deutschland die, während der Coronakrise gesenkte, Mehrwertsteuer mit 1. Jänner 2024 wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht werden soll: „Lobby-Arbeit ist schwierig, wenn man 200.000 Betriebe unter einen Hut bringen muss.
„Politiker gehen davon aus: ‚Gut, wenn die Kerstin das Lokal nicht mehr betreibt, dann übernimmt eben die Tina.‘ Deshalb reagieren sie auf unsere Anliegen nicht mit der gleichen Dringlichkeit wie bei einem DAX-Konzern: Wenn ein Autobauer ankündigt, möglicherweise 2.000 Stellen streichen zu müssen, gibt es großen Aufruhr. Wenn wir warnen, dass durch diese Steuererhöhung zigtausend Arbeitsplätze vernichtet werden, wird das von einigen Entscheidungsträgern weniger ernst genommen.“
Kerstin Rapp-Schwan denkt in großen Zusammenhängen. Etwa in der Diskussion, ob in Deutschland die, während der Coronakrise gesenkte, Mehrwertsteuer mit 1. Jänner 2024 wieder von sieben auf 19 Prozent erhöht werden soll: „Lobby-Arbeit ist schwierig, wenn man 200.000 Betriebe unter einen Hut bringen muss.
„Politiker gehen davon aus: ‚Gut, wenn die Kerstin das Lokal nicht mehr betreibt, dann übernimmt eben die Tina.‘ Deshalb reagieren sie auf unsere Anliegen nicht mit der gleichen Dringlichkeit wie bei einem DAX-Konzern: Wenn ein Autobauer ankündigt, möglicherweise 2.000 Stellen streichen zu müssen, gibt es großen Aufruhr. Wenn wir warnen, dass durch diese Steuererhöhung zigtausend Arbeitsplätze vernichtet werden, wird das von einigen Entscheidungsträgern weniger ernst genommen.“
Dabei, sagt 49-jährige Betriebswirtin und Inhaberin von fünf Restaurants, spielen Gastronomen eine entscheidende Rolle im täglichen Leben – nicht zuletzt als soziologisch so wichtiger „dritter Ort“ neben den eigenen vier Wänden und dem Arbeitsplatz: „Die Gastronomie ist der soziale Schmierstoff der Gesellschaft. Wir machen Städte bunt, wir machen Stadtteile lebendig.“
Gastronomie als Lebensschule
Kerstin Rapp-Schwan, 49, ist Besitzerin von vier „Schwan“-Restaurants in Düsseldorf und Neuss (die operativ von ihrem Geschäftspartner Martin Rapp geführt werden) sowie dem Café-Restaurant Beethoven, ebenfalls in Düsseldorf. Und sie ist Partnerin bei tellerrand consulting, berät den auf Führungskräfte spezialisierten Personalvermittler Konen & Lorenzen und engagiert sich in Netzwerken wie dem Leaders Club Deutschland (mit dem sie die „Gastro Family“-Kampagne umgesetzt hat) und dem Frauennetzwerk Foodservice: „Ich mache das, weil ich mich gern engagiere und helfen möchte, Probleme zu lösen.“
„Gastronomie ist der soziale Schmierstoff der Gesellschaft.“
Dass dieses umfassende Engagement kein Schaden für die eigenen Lokale ist, ist ihr bewusst: „Auch wenn das nur ein Nebeneffekt ist: Aber natürlich sind meine Auftritte in der Öffentlichkeit schon ein wirksames Marketing für unsere Restaurants.“
Ihr Weg der Gastronomie war vorgezeichnet. Vater Klaus, ein Marketingfachmann aus der Markenartikelindustrie, hatte sich mit 46 Jahren selbstständig gemacht und mit einem Freund die Steakhouse-Kette Denver Steak & Seafood gegründet. Später hat er für den englischen Whitbread-Konzern, der seine zwölf Lokale aufgekauft hatte, „Maredo“ zur führenden Steakhouse-Kette Deutschlands ausgebaut.
Als eine geplante Erweiterung des Portfolios Anfang des Jahrtausends (unter dem Namen „Spitz“) nicht nach Wunsch klappte, löste Klaus Schwan kurzerhand vier Standorte heraus – und bot sie seiner Tochter zum Kauf an: „Ich war damals 27 und habe mich als Unternehmensberaterin von Kreditinstituten und Versicherungen ohnehin furchtbar gelangweilt …“
Zumal sie ihre Liebe zur Welt der Gastronomie schon als Schülerin bei Nebenjobs entdeckt hatte: „Mit 14 habe ich mein erstes Praktikum in einem ‚Maredo‘ absolviert. Einen Sommer lang habe ich nur Gemüse geschnippelt. Dann war ich in der Spülküche und fand die Arbeit richtig gut. Weil ich dort Erfolgserlebnisse hatte: schmutziges Geschirr rein, raus, sauber!“ Mit 17 Jahren hatte ihre Mutter empfohlen, „es doch im Service zu versuchen. Abgesehen davon, dass das Trinkgeld für eine Schülerin sehr cool war: Ich habe erkannt, dass ich eine echte Quatschtante bin, die Menschen wirklich mag und ich glücklich bin, wenn ich ihnen etwas Gutes tun kann.“
Umso persönlicher ist ihr Plädoyer an andere Eltern: „Gebt euren Kinder die Chance, in die Gastronomie zu gehen. Sie lernen dort so viel, vor allem über sich selbst! Und wenn sie nur feststellen, dass sie lieber nicht mit anderen Menschen zusammenarbeiten wollen, dafür umso lieber Essen fotografieren: umso besser! Oder geh in den Einkauf, wenn dich Zahlen faszinieren. Es gibt so viele verschiedene Jobs bei uns. Die Chance, Karriere zu machen, war noch nie so groß wie heute – und das weltweit.“
Mit Fleiß auf Oma Käthes Spuren
Vor zu großen und raschen Schritten möchte Kerstin Rapp-Schwan – wieder aus eigener Erfahrung – allerdings warnen: „Ich habe meinen Vater einmal gefragt: ‚Hättest du einer anderen 27-Jährigen mit meinen Referenzen auch so viel Verantwortung übertragen?‘ Natürlich nicht, hat er geantwortet, ‚aber du bist meine Tochter, ich wusste, dass du es schaffen würdest.‘“ Im Rückblick, sagt sie, war sie speziell am Anfang „gnadenlos überfordert. Es ist krass, dass wir nicht pleite gegangen sind und immer irgendwie die Kurve gekriegt haben.“
Gelernt hat Kerstin Rapp-Schwan auf jeden Fall, dass man als Gastronomin flexibel sein muss – und dass Scheitern ein regulärer Schritt in der Entwicklung eines Erfolgsrezepts ist: „Ich habe mit vier Restaurants in Köln, Mainz und Düsseldorf begonnen. Mainz und Köln musste ich relativ rasch aufgeben. Ich habe in dieser Phase, in der ich in sieben Jahren insgesamt drei Wochen auf Urlaub war, extrem viel gelernt. Das Wichtigste war: Viele Leute haben erwartet, dass ich – wie mein Vater zuvor – rasch enorm expandieren würde. Aber ich habe erkannt, dass ich keine 100 Läden brauche, sondern mich lieber auf Düsseldorf konzentriere und alle Restaurants mit dem Fahrrad abfahren kann.“
Immerhin, bereits nach acht Jahren konnte sie den Eltern das Geld für die Restaurants zurückbezahlen. „Mein Vater ist kurz vor dem Mauerbau als 18-Jähriger nur mit seinem Rucksack auf dem Rücken mit dem Fahrrad aus Dresden nach Westdeutschland gekommen und hat mit enormem Fleiß aus dem Nichts ein neues Leben aufgebaut. Es war mir ein Bedürfnis, das Geld, das sie mir vorgestreckt haben, rasch zurückzuzahlen.“
Überhaupt spielt die Familie eine wesentliche Rolle in der Erfolgsgeschichte. Ihr 35 Minuten älterer Zwillingsbruder Axel, mittlerweile Chef der Schnellrestaurant-Kette Tim Hortons in den USA und Kanada, hatte die Idee, die „Schwan“-Karte auf deutsche Hausmannskost umzustellen: „Davor hatten wir uns als Bistro mit internationalem Charakter positioniert. Dass wir uns auf Küche wie bei unserer Oma Käthe konzentriert haben, hat den Nerv der Zeit getroffen.“
Ich war 27 und als Unternehmensberaterin furchtbar gelangweilt.
Kerstin Rapp-Schwan über ihren Wechsel in die Gastronomie
Im kommenden Februar feiert die Mutter einer elfjährigen Tochter ihren 50. Geburtstag. Kein Grund zum Rückblick. Im Gegenteil: „Man muss sich immer weiterentwickeln. Genauso wie die Karte im ‚Schwan‘, denn man darf nicht vergessen, dass ‚Omas Küche‘ sich heute auf ganz andere Omas bezieht als vor 15 Jahren.“ Wohin sie ihre Reise führt, ist noch nicht ganz klar: „Ich sondiere gerade meine Möglichkeiten. Das Konzept des ‚Schwan‘ ist natürlich auf beliebig viele Standorte multiplizierbar. Vielleicht mache ich in Zukunft auch etwas ganz anderes. Aber ich weiß, dass ich leidenschaftliche Gastgeberin bin.“
Die Politik selbst, sagt sie nach vielen Gesprächen im Deutschen Bundestag rund um die Mehrwertsteuer-Diskussion, wäre natürlich ein spannendes Betätigungsfeld – allerdings eher in beratender Funktion: „Als Politikerin bräuchte ich sehr viel Toleranz. Und Geduld. Mir geht das aber viel zu langsam, bis in der Politik Entscheidungen fallen.“ Wichtiger sei ohnehin, immer engagiert zu bleiben. Egal, in welcher Funktion: „Wenn man nichts sagt, kann man nichts bewegen. Nur darauf zu warten, dass jemand anderer etwas tut – das fühlt sich für mich nicht richtig an.“
Kerstin Rapp-Schwan
Die deutsche Gastronomin, 49, engagiert sich als Beraterin (tellerrand consulting, Konen & Lorenzen) und kommunikationsfreudige Netzwerkerin für die gesamte Branche. Mit fundierten Kenntnissen aus der Praxis: Die Tochter des früheren Chefs der Maredo-Gruppe, Klaus Schwan, ist diplomierte Betriebswirtin und besitzt fünf Restaurants in Düsseldorf und Neuss, darunter vier Lokale mit Fokus auf qualitativ hochwertige Hausmannskost, die ihren Namen tragen: „Schwan“.