Höhenluft

Eine berliner Institution wie der Alexander­turm: Thomas Kammeier hievt seine Gäste im Hugos auf ein schwindelerregendes Geschmacksniveau.
November 13, 2015

Fotos: Wolfgang Hummer

Thomas KammeierStreng mustern uns die interessierten Augen beim ersten Zusammentreffen fürs Fotoshooting von oben bis unten und nach dem kurzen Shakehands werden die Fronten gleich unmissverständlich geklärt: „Wehe, ihr schmiert mir irgend so ein Puderzeugs auf die Glatze. Es ist mir ganz egal, ob’s glänzt. Dafür gibt’s doch Computertricks, oder?“

Thomas Kammeier fackelt nicht lange mit Höflichkeitsblabla herum. Er sagt offen heraus, wie er es meint, und nachdem ich Puder und Pinsel schnell wieder weggeräumt habe, mutiert er binnen Sekunden zum freundlichen Gesprächspartner, der sich auch im Interview kein Blatt vor den Mund nimmt. Und so ehrlich wie direkt er als Person ist, präsentieren sich auch die Gerichte, die er auf die Teller bringt. Er jongliert mit den Aromen, ist teilweise durchaus auch gewagt, aber überlagert den ureigenen Geschmack der tollen Grundprodukte nie, sondern…

Fotos: Wolfgang Hummer

Thomas KammeierStreng mustern uns die interessierten Augen beim ersten Zusammentreffen fürs Fotoshooting von oben bis unten und nach dem kurzen Shakehands werden die Fronten gleich unmissverständlich geklärt: „Wehe, ihr schmiert mir irgend so ein Puderzeugs auf die Glatze. Es ist mir ganz egal, ob’s glänzt. Dafür gibt’s doch Computertricks, oder?“

Thomas Kammeier fackelt nicht lange mit Höflichkeitsblabla herum. Er sagt offen heraus, wie er es meint, und nachdem ich Puder und Pinsel schnell wieder weggeräumt habe, mutiert er binnen Sekunden zum freundlichen Gesprächspartner, der sich auch im Interview kein Blatt vor den Mund nimmt. Und so ehrlich wie direkt er als Person ist, präsentieren sich auch die Gerichte, die er auf die Teller bringt. Er jongliert mit den Aromen, ist teilweise durchaus auch gewagt, aber überlagert den ureigenen Geschmack der tollen Grundprodukte nie, sondern verstärkt vielmehr das Gaumenerlebnis.

Hoch oben im 14. Stock des InterContinental Berlin verhilft der aus Nordrhein-Westfalen stammende Sternekoch nun seit zehn Jahren dem Restaurant Hugos zu kulinarischen Höhenflügen. Mehr als 100.000 Gäste verköstigte das Restaurant-Team in diesen zehn Jahren, dabei flossen etwa 33.000 Flaschen Rotwein, 45.000 Flaschen Weißwein und 18.000 Flaschen Champagner.

Im Hause tätig ist Kammeier jedoch bereits seit stolzen 17 Jahren. Extrem selten in dieser Branche. Und noch außergewöhnlicher ist die Tatsache, dass etwa Sous Chef Eberhard Lange bereits seit 15 Jahren an seiner Seite kämpft oder auch Maître Olaf Rode zehn Jahre den Gastgeber gibt. „Ohne Strenge geht es dabei natürlich nicht“, sagt Kammeier über seinen Führungsstil, „aber es gilt ja auch, ein hohes Niveau zu halten!“ 17 Punkte im Gault Millau hat der Küchen-Kojak vorzuweisen und eben den einen Michelin-Stern. Wobei das mit den Sternen in so luftiger Höhe eine schwierige Angelegenheit ist: „Selbstverständlich hätte ich gerne einen zweiten. Ich könnte ja mal in Karlsruhe vorbeifahren und nachfragen, was dafür noch fehlt. Man muss aber auch akzeptieren können. Nach 14 Jahren in der Sterneriege sehe ich das alles relativ locker.“

ein grossartiges Rezept von Thomas Kammeier

Dem Trend voraus
Ob Reh aus der Strelitzer Heide, Beelitzer Spargel oder Highland Cattle aus Melchhof: Mit Vorliebe verwendet Kammeier Produkte aus der Region. „Das haben wir jedoch auch schon vor 15 Jahren gemacht. Heute liegt einfach ein stärkerer Fokus darauf. Wobei ich nicht einer derjenigen Puristen bin, die sich nur darauf versteifen.“ Tolle, qualitativ hochwertige Produkte können kleinere Produzenten laut Kammeier eben nicht in größeren Mengen liefern und darum bedient er sich auch gerne bei Qualitätsgaranten wie Irish Beef oder Bretonischer Makrele.

„Wir Spitzenköche sollten in gewisser Weise ja auch immer wieder Produktscouts sein und mit spannenden neuen Ideen unsere Gäste und die Szene inspirieren“, stellt der Hugos-Chefkoch seinen Ansatz dar. „An gewissen Trends kommt man ohnehin nicht vorbei, wichtig ist immer, dem eigenen Stil treu zu bleiben.“ Deshalb hält der Sternekoch auch wenig von den aktuell wie Schwammerl aus dem Boden schießenden noma-Kopisten und trifft damit auch voll den Geschmack seiner internationalen Staatsgäste. Ob Obama, Sarkozy, Netanjahu oder das Führungsduo Putin-Medwedew: Die Gestalter der Weltpolitik lassen sich gerne vom Hugos-Chef kulinarisch unterhalten und sorgen zeitgleich für spannende Anekdoten. „Es ist schon aufregend, wenn auf einmal die israelischen Kameraden vom Mossad in die Küche marschieren, Proben nehmen und mit viel Gedöns etwas Wirbel verursachen. Aber zum Großteil sind das auch nur Gäste wie jeder andere.“

Auf die Frage, ob es denn das langjährige InterContinental-Aushängeschild nicht reizen würde, auch woanders nach den Sternen zu greifen, antwortet Kammeier etwas zögerlich: „Ich fühle mich hier im 14. Stock nach wie vor ausgesprochen wohl. Natürlich hat es bereits interessante Angebote gegeben. Es war aber noch nicht das richtige dabei. Ausgeschlossen ist aber nichts.“ Und das erste Mal an diesem Abend lässt sich der sonst so gesprächige Chefkoch nicht direkt in seine Karten blicken.

www.hugos-restaurant.de

Hier geht’s zu den großartigen Rezepten von Thomas Kammeier und anderen Starköchen!

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