Haute Couture

Watergate war einmal. Der Kölner Wasserturm wurde durch Hendrik Otto „en vogue“. Luftig-französische Sterne­küche im La Vision – ganz ohne Höhenangst.
November 13, 2015

Hendrik Ottos La Vision Alle kochen nur mit Wasser. Mit wesentlich mehr Raffinement läuft die Sache allerdings bei Hendrik Otto. Im Kölner Hotel im Wasserturm kultiviert er Hoch­küche – im Restaurant La Vision im elften Stock. Der 130 Jahre alte Koloss im Süden der Kölner City war einmal der größte seiner Art in Europa, 1990 wurde er als First-Class-Hotel wieder wachgeküsst. Mit elf Meter hoher Empfangshalle aus Backsteinwänden, die Stress und Hektik draußen auf ein Plätschern herunterdämpfen. Von außen wirkt der Wasserturm wie eine uneinnehmbare Trutzburg – muss er auch bei sensibler Klientel wie Mick Jagger und Brad Pitt –, ist man erst einmal oben angelangt, fühlt man sich wie ein Eroberer. Ganz Köln aus der Vogelperspektive und wenn der Wind manchmal frech um die Ohren pfeift, bräuchte man nur die Arme auszubreiten, um abzuheben. Auf dem Boden bleibt Chefkoch Hendrik Otto, obwohl er 2003 bereits mit 29 einen Stern für das La Vision erkämpfte. Als Exschüler von Harald Wohlfahrt zelebriert er französisch inspirierte Klassik mit mediterranen Einflüssen, mittlerweile arbeitet Hendrik Otto auch mit vielen deutschen Produkten, die er mit detektivischem Spürsinn ausfindig macht. Und ein echter Franzose ohne Soßen? Natürlich nicht denkbar. Hendrik Otto gilt als regelrechter Soßenfetischist. Früher, wenn alle schon nach Hause gegangen waren, kramte er das große Kochbuch hervor und experimentierte munter drauflos. „Ich bin ein bisschen zurückhaltender – schrille und schräge Töne sind nicht meine Sache“, definiert er sich, „viele Leute wollen durch stylish eingerichtete Restaurants punkten, bei mir geht es nur ums Essen und Wohlfühlen.“

Begonnen hat er in einem kleinen Familienbetrieb ohne Hummer, Jakobsmuschel und Kaviar. „Das ist auch nicht wichtig, es hängt nur davon ab, wie man mit Produkten umgeht.“ Als er aber bei Michael Hoffmann erstmals mit den Edelteilen in Berührung kam, war das natürlich der „Knaller“. Von Albert Kellner lernte er Gelassenheit – „manchmal habe ich schon über das Ziel hinausgeschossen“. Und bei Wohlfahrt schätzte er, „dass er nicht nur verrückt nach Kochen ist, sondern auch den Menschen dahinter sieht“. Einen zweiten Stern? Ja, den wolle und könne…

Hendrik OttoAlle kochen nur mit Wasser. Mit wesentlich mehr Raffinement läuft die Sache allerdings bei Hendrik Otto. Im Kölner Hotel im Wasserturm kultiviert er Hoch­küche – im Restaurant La Vision im elften Stock. Der 130 Jahre alte Koloss im Süden der Kölner City war einmal der größte seiner Art in Europa, 1990 wurde er als First-Class-Hotel wieder wachgeküsst. Mit elf Meter hoher Empfangshalle aus Backsteinwänden, die Stress und Hektik draußen auf ein Plätschern herunterdämpfen. Von außen wirkt der Wasserturm wie eine uneinnehmbare Trutzburg – muss er auch bei sensibler Klientel wie Mick Jagger und Brad Pitt –, ist man erst einmal oben angelangt, fühlt man sich wie ein Eroberer. Ganz Köln aus der Vogelperspektive und wenn der Wind manchmal frech um die Ohren pfeift, bräuchte man nur die Arme auszubreiten, um abzuheben. Auf dem Boden bleibt Chefkoch Hendrik Otto, obwohl er 2003 bereits mit 29 einen Stern für das La Vision erkämpfte. Als Exschüler von Harald Wohlfahrt zelebriert er französisch inspirierte Klassik mit mediterranen Einflüssen, mittlerweile arbeitet Hendrik Otto auch mit vielen deutschen Produkten, die er mit detektivischem Spürsinn ausfindig macht. Und ein echter Franzose ohne Soßen? Natürlich nicht denkbar. Hendrik Otto gilt als regelrechter Soßenfetischist. Früher, wenn alle schon nach Hause gegangen waren, kramte er das große Kochbuch hervor und experimentierte munter drauflos. „Ich bin ein bisschen zurückhaltender – schrille und schräge Töne sind nicht meine Sache“, definiert er sich, „viele Leute wollen durch stylish eingerichtete Restaurants punkten, bei mir geht es nur ums Essen und Wohlfühlen.“

Begonnen hat er in einem kleinen Familienbetrieb ohne Hummer, Jakobsmuschel und Kaviar. „Das ist auch nicht wichtig, es hängt nur davon ab, wie man mit Produkten umgeht.“ Als er aber bei Michael Hoffmann erstmals mit den Edelteilen in Berührung kam, war das natürlich der „Knaller“. Von Albert Kellner lernte er Gelassenheit – „manchmal habe ich schon über das Ziel hinausgeschossen“. Und bei Wohlfahrt schätzte er, „dass er nicht nur verrückt nach Kochen ist, sondern auch den Menschen dahinter sieht“. Einen zweiten Stern? Ja, den wolle und könne Hendrik Otto wohl noch erkochen. Einen dritten Stern will er gar nicht in den Mund nehmen, dafür habe er zu großen Respekt vor Dieter Müller, Harald Wohlfahrt und Joachim Wissler.

Der Kölner Wasserturm Aus seiner früheren DDR-Vergangenheit nahm er das Gefühl für unverfälschte Produkte mit, Bioobst und -gemüse gab es zu Hause im Garten. „Am Abend habe ich mir einfach eine Schale Beeren gepflückt oder wir sind im Kirschbaum herumgeklettert und haben uns direkt bedient.“ Selbst eingeweckte Marmeladen und Tauben, Geflügel und Schweine vom eigenen kleinen Bauernhof gab es immer. „Eine unheimlich positive Zeit. Ich habe sehr viele ursprüngliche Aromen und Geschmäcker auf meiner persönlichen Datenbank abgespeichert.“ Heutige Tendenzen sieht er kritisch. „Wenn Kühe Fischfutter fressen, ist das schon seltsam.“ Man müsse viele kleinere Betriebe unterstützen. „Alle wollen möglichst billig kaufen. Dabei war es längst überfällig, dass die Produkte teurer wurden.“
Den Mauerfall hat er im Osten miterlebt, aber nur vor dem TV-Schirm. Erst ein paar Monate nach dem ersten Hype besuchte er das erste Mal die alten Bundesländer. „Es war mir zuwider, wie viele andere sofort ­hinüberzufahren und 100 Mark Begrüßungsgeld abzuholen.“ Mit Klasseneinteilungen wie in Ossi und Wessi kann er nichts anfangen. „Ich fühle mich als Europäer. Manchmal finde ich es erschreckend, wie unflexibel und konservativ die Leute teilweise eingestellt sind.“ Möglichst offen und konsequent will er seinen eigenen Weg gehen. „Nur ein, zwei Gerichte perfekt zu kochen, das können viele. Aber wir müssen mittags und abends immer topfit sein. Von 40 Gästen müssen alle 40 zufrieden sein. Das ist die Härte in unserem Beruf.“

Kontakt
La Vision
Kaygasse 2, Köln
Tel.: +49 (0) 22 1/200 80
www.hotel-im-wasserturm.de

Luftig-französische Sterne­küche durch Hendrik Otto und sein Teamwordrap

Die größte Niederlage?
Dass wir vom Gault Millau von 16 auf 15 Punkte
abgewertet worden sind, ist für mich absolut nicht nachvollziehbar.

Der größte Tick?
Bei mir in der Küche muss immer alles exakt auf demselben Platz stehen.

Imponierend?
Alain Ducasse. Ich wollte einmal zu ihm nach Frankreich, dann kam ein Küchenchefposten in Deutschland dazwischen.

Eine große Versuchung …
… mich selbstständig zu machen.

Stärken?
Zielstrebigkeit, Begeisterungsfähigkeit, Qualitätsbewusstsein und dass ich Menschen liebe und gerne mit ihnen arbeite.

Schwächen
Manchmal schieße ich über das Ziel hinaus und es ist auch schwer, sich selbst einzuschätzen. Es kommt vor, dass einer sagt: „Herr Otto, das war ganz schön hart.“

 

Medaillon vom Biorinderfilet mit lauwarmer Kalbskopfvinaigrette, Gremolata,  Rosmarin-Knoblauch-Jus und Pommes Pont NeufMedaillon vom Biorinderfilet
mit lauwarmer Kalbskopfvinaigrette, Gremolata,
Rosmarin-Knoblauch-Jus und Pommes Pont Neuf

Rezept für 6 Personen
Ca. 2 kg Rinderfilet parieren und portionieren, anbraten und würzen. Butter, Aromate zugeben und langsam bei ca. 120° C fertig garen. Portionieren, Gremolata aufspritzen und Meersalz aufstreuen.

Gremolata
Petersilie, Orangen- und Zitronenabrieb, Knoblauch, Olivenöl, Salz, Pfeffer

Petersilie zupfen und mit den restlichen Zutaten in der Moulinette zu einer cremigen Paste verarbeiten.

Kalbskopfvinaigrette
Kalbskopf und Kalbszunge in einem Gemüse-Kräuter-Sud garen. Schneiden und schichtweise in ein Gefäß einsetzen, beschweren und auskühlen lassen. Dann in feine Würfel schneiden. Schalottenwürfel in Olivenöl anschwitzen, mit Geflügelfond ablöschen, Kalbskopfwürfel zugeben, runterkühlen lassen, Olivenöl einmontieren und etwas geschnittenen Liebstöckel zugeben. Lauwarm servieren.

Rosmarin-Knoblauch-Jus
200 g Schalotten, 200 g Champignons, 100 ml Portwein, rot,
100 ml Madeira, 200 ml Rotwein, 1 l Kalbsjus, Rosmarin, Knoblauch, Wacholderbeeren, Lorbeer, Petersilienstiele

Schalotten und Champignons anschwitzen, bis sie etwas Farbe annehmen, mit den Alkoholika ablöschen und reduzieren. Kalbsjus auffüllen und auf 2/3 reduzieren. Aromate zugeben, ca. 30 Minuten ziehen lassen und passieren.

Pommes Pont Neuf
Festkochende Kartoffeln schälen. In 0,7 cm Breite und 7 cm
Länge schneiden. Bei 130° C 3 Min. frittieren und bei 170° C
4 Min. nachgaren. Mit einer Mischung aus Salz, Paprikapulver,
Currypulver und Cumin würzen.

Variationen von der GänsestopfleberVariationen von der
Gänsestopfleber

Rezept für 4 Personen

Mousse von der Gänsestopfleber auf Auszug von Birne und Lorbeer
2 Stk. Abathebirnen, 200 ml weißer Portwein, 200 ml Weißwein, 50 g brauner ­Zucker, 10 Stk. Lorbeerblätter, 1 Stk. Zimt,
1 Nelke, 200 ml Williamslikör, 6 Bl. Gelatine

Birnen schneiden, mit Weinen und Zucker auf 2/3 einkochen, Likör und Gewürze zugeben. 1 Std. ziehen lassen. Die eingeweichte, ausgedrückte Gelatine zugeben und den Fond passieren, auskühlen lassen und durch ein Sieb streichen.

Stopflebermousse
50 g geschlagene Sahne, 200 g Stopfleberparfait, 100 ml reduzierte Kalbsjus, 100 ml reduzierte Perlhuhnessenz, Cognac, weißer Portwein, Traubensaftreduktion,
2 Bl. Gelatine

Essenz und Kalbsjus erwärmen, dann das Parfait auflösen. Mit Cognac, Portwein und Traubensaftreduktion abschmecken, ausgedrückte, eingeweichte Gelatine zugeben, passieren, herunterkühlen und die Sahne unterheben, dann ganz auskühlen lassen.
Parfait von der Gänsestopfleber mit Banylsgelee
500 Gänsestopfleber, geputzt, 5 g Gewürzsalz, 3 g Pökelsalz, helle Traubensaftreduktion, helle Portweinreduktion, Cognac

Stopfleber mit den Reduktionen einreiben und etwas Cognac zugeben, würzen und 24 Stunden marinieren. Dann bei 65° C ca. 35 Min. pochieren.

Für das Banylsgelee 500 g roten Traubensaft auf 200 ml reduzieren, dann 300 ml Banyls zugeben, einmal aufkochen lassen und 7 Blatt eingeweichte, ausgedrückte Gelatine zugeben. Auskühlen lassen, durch ein Sieb streichen.

Für die Apfelkristalline Äpfel in dünne Scheiben schneiden und kurz durch heißen Läuterzucker ziehen, dann auf eine Backmatte legen und 24 Stunden bei 50° C trocknen. Leber portionieren, Gelee aufspritzen und Apfelkristalline anlegen.

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