Chefdays 2015 – Gert De Mangeleer: Selbst ist der Sternekoch
Der jüngste 3-Sterne-Koch der Welt aus Flandern kochte sich in kürzester Zeit an die Spitze der gehobenen Gastronomie. Auf den CHEFDAYS präsentierte er in seinem kulinarischen Vortrag eine Auswahl aus vier Gerichten – darunter zwei Klassiker und zwei Innovationen. Das erste Gericht ist ein Bestseller in seinem Restaurant Hertog Jan, das er gemeinsam mit Sommelier Joachim Boudens führt: eine Fusion aus Avocado und eigens produziertem Tomatenpulver, verfeinert mit Olivenöl und Meersalz.
Die Tomate ist De Mangeleers Lieblingszutat – in diesem Jahr versorgt er sein Restaurant mit zwei Gewächshäusern, in denen 102 verschiedene Tomatensorten wachsen. So stellt der Sternekoch auch seine eigenen Produkte aus der Frucht, wie Tomatenpulver, -säfte und -essigsorten, selbst her. Das Hertog Jan schließt direkt an das betriebseigene Gemüsebeet an – ganz nach dem Motto „Du bist, was du siehst“, denn die gesamte Ernte des Gartens wandert in De Mangeleers Küche. 90 Prozent der Produkte sind aus der Gegend, doch die Avocado zeigt, dass der Sternekoch sich nicht nur darauf fixiert. Diese wird mit dem Tomatenpulver verfeinert. Das Meersalz dient sowohl dem Geschmack als auch einer knusprigen Textur. Und was auf den ersten Blick recht simpel aussehen mag, ist in Wahrheit ein Geschmacksfeuerwerk.
„Was du siehst, ist, was du isst.“
Gert De Mangeleer über seinen Restaurant-Garten
Als zweites Gericht kombiniert De Mangeleer Languste mit Roter Bete, Vanilleöl und Himbeere. Die Langusten bekommt er frisch vom lokalen Hafen, etwa 25 Kilometer vom Restaurant entfernt, geliefert. Mit seinem geschulten Auge erkennt er die Frische der Languste an Geruch und Aussehen – eine glänzende Schale und große Kulleraugen sind schon mal ein gutes Zeichen. Die Languste wird im rohen Zustand zu Carpaccio verarbeitet. Kombiniert wird das Meerestier mit Roter Bete aus dem eigenen Garten, Vanilleöl und etwas Himbeerpulver. Die Himbeeren werden am Ende ihrer Saison durch Freeze-Drying verarbeitet, wodurch sie rund ums Jahr verwendbar sind.
Auch andere Produkte, etwa die bereits erwähnte Tomate, werden so zur zeitlosen Zutat verarbeitet. Ein Dressing aus Schalotten, Sherryessig und Sojasauce kombiniert De Mangeleer mit frischen Himbeeren. Geschnittene Rote Bete wird in der Essigfusion mariniert, gerollt und geschnitten. Himbeercreme und die Languste mit seinem zarten Fleisch vervollständigen das Gericht. Eine knusprig gebackene Rose aus Roter Bete sorgt für den optischen Clou. Mit den Schätzen der Gewässer geht es auch in seinem nächsten Gericht weiter. Ravioli aus Rüben – nein, keine Pasta – kombiniert De Mangeleer mit geräuchertem Aal, der aus dem östlichen Teil des regionalen Flusses, der Schelde, stammt.
Dieser Aal ist eine besonders große und fette Sorte und ein weiteres seiner regionalen Lieblingsprodukte. Das Ganze wird auf einer Terrine aus kandierter Seeteufel-Leber drapiert und durch mit Bergamotte parfümiertes Öl ergänzt. Mit ihrem hohen Fettanteil stellt die Leber das perfekte Gegenstück zum Aal und eine regionale Alternative zur oftmals verwendeten Gänseleber dar. Ein Stück der verwendeten Rübe mariniert in Essig verleiht dem Gericht eine gewisse Säure und eine Creme aus Bergamotte mit getrockneten Fenchelsamen stellt die Krönung dar. Vollendet wird das Gericht mit Dashi, einer selbst hergestellten japanischen Aal-Brühe.
Das große Finale von De Mangeleers Vortrag – und sein ganzer Stolz – ist eine eigens kreierte Gemüsevariation, genannt „A Walk Through The Garden“. Dieses Gericht hat einen besonderen Hintergrund. De Mangeleers Team begann gerade, eigene Produkte anzubauen und nachdem aller Anfang nie leicht ist, kamen sie schnell zur Frage, wie sie alle Produkte verwerten könnten. Von manchen gab es nicht genug, von anderen zu viel. So wurde die Idee zu diesem Gericht geboren. Die Gärtner ernten täglich alles an Obst und Gemüse, was reif ist, für die Verarbeitung in der Küche des Restaurants.
Dadurch entstehen ständig variierende Gerichte und man hat unter dem gleichen Namen auf der Karte immer wieder ein anderes Geschmackserlebnis. Auch auf den CHEFDAYS kochte er mit einer Selektion aus seinem Garten – rote Zwiebeln mit gelber Bete und Karotte. Diese werden in etwas Wasser und Butter blanchiert, um ihren Geschmack zu bewahren. Passend zur Jahreszeit wird das Gemüse mit frischen Kräutern und Lilie verfeinert.
Für Natur und Mensch
Im 3-Sterne-Restaurant Hertog Jan steht Nachhaltigkeit an erster Stelle, wie seine Mitgliedschaft bei einer Welt-Nachhaltigkeitsorganisation zeigt. Die Auszeichnung verdiente De Mangeleer sich unter anderem durch eigens bezogenes Grundwasser, einen Bio-Fermentierer, ein speziell naturschonendes Entsorgungssystem und selbst produzierten Honig. In Zusammenarbeit mit zwei bis vier Farmern in einem Sozialprojekt bekommen sie nicht nur Hilfe bei der Gartenarbeit, sondern bieten auch Beschäftigung für körperlich Benachteiligte.
Langustencarpaccio
mit Himbeeren, Roter Bete und Vanille