Arbeiten auf Wintersaison
Der Berg ruft
Zwischen zünftiger Hüttengaudi und edlem Fine-Dine ist die Wintersaison für viele Skisport-affine Expats das Highlight des Jahres. Ob am zauberhaften Arlberg, im Schweizer St. Moritz oder im bayrischen Garmisch-Partenkirchen, neben Top-Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten dürfen sich abenteuerlustige Gastro-Junkies auf ein märchenhaftes Winter Wonderland mit jeder menge Action freuen.
7-Tage-Wochen, dürftigen Unterkünften und verhältnismäßig magerem Gehalt so etwas wie das Stiefkind der Gastrobranche. Alles Schnee von gestern. Denn in den letzten zehn bis 15 Jahren hat sich auf diesem Sektor so einiges getan und damit haben sich Attraktivität und Anreiz für Gastromitarbeiter um ein Vielfaches erhöht.
Geregelte 48- oder 54-Stunden-Wochen sind zwar nach wie vor nichts für kälteempfindliche Weicheier, wer allerdings einmal morgens als Erster auf der Bergstation die Carver angeschnallt und durch den unberührten Powderschnee die ersten Spuren gezogen hat, ist hoffnungslos verloren – im positiven Sinn, versteht sich.
Hoch hinaus
In puncto Unterkunft dürfen sich Saisonarbeiter aber genauso über luxuriöse Annehmlichkeiten freuen und sparen damit jede Menge Geld. Für F&B-Manager und HR Chef Johannes Rassi vom 5-Sterne-Superior-Hotel Almhof Schneider in Lech ein dickes Plus: „Wir bringen natürlich alle unsere Mitarbeiter unter. Wir hier am Arlberg im Speziellen machen das auf sehr, sehr hohem Niveau.“ Dafür wurde auch seitens des Arbeitgebers ordentlich Geld in die Hand genommen, damit es den Mitarbeitern zu Berg garantiert an nichts mangelt. „Unsere Unterkünfte wurden in den letzten Jahren alle renoviert und sind jetzt auch größenmäßig auf bestem Stand“, erklärt Rassi. Vom Flachbildfernseher bis hin zum Highspeed-WLAN-Anschluss ist alles da, was das Mitarbeiterherz begehrt.
Teilweise gibt es sogar eigene Fitnessräume, Saunakabinen oder Solarien. Damit sparen sich Saisonmitarbeiter nicht nur teure Unterhaltskosten à la Miete, Strom oder Internet, auch die Mitarbeiterverpflegung geht in den meisten Fällen aufs Haus – und das bei Spitzenqualität.
„Bei uns – und ich denke, das sehen viele Betriebe in unserer Region ähnlich – heißt das nicht, einfach nur die Mitarbeiter zu verpflegen. Wir haben ein eigenes Mitarbeiterrestaurant in Buffet-Form mit verlängerten Öffnungszeiten und einem breiten sowie hochwertigen Speiseangebot.“ Auch die Verdienstmöglichkeiten auf Wintersaison sind speziell im Service durch spendable Trinkgeldgeber über Durchschnitt.
Viele Wintersport-Hotspots bieten Angestellten zusätzlich durch Bund, Land oder Tourismus geförderte Vergünstigungen. Wer beispielsweise in Lech oder Zürs anheuert, sollte unbedingt die sogenannte „Team Card“ beantragen. Ermäßigungen bei Liftkarten, Mobilität, Beauty und Wellness, Genuss, Shopping oder zahlreichen Events erleichtern den finanziellen Alltag in den exquisiten Wintersportregionen dieser Welt ungemein.
One big Family
Weil Geld allein nicht glücklich macht, ist für die Arbeit jenseits der 2000 Meter Seehöhe Zwischenmenschlichkeit ein wichtiger Faktor. Dass speziell auf Saison aus guten Kollegen enge Freunde werden können, ist dabei mehr als eine Alpine Legend. Prominente Bestätigung für diese These liefert dabei kein Geringerer als Thorsten Probost. Mit 17 Punkten im Gault Millau zählt die Griggeler Stuba im Burg Vital Resort in Oberlech zu den besten Küchen Österreichs.
Küchenchef Thorsten Probost setzt dort bei seiner Brigade verstärkt auf Teamplay – denn speziell im Saisonbetrieb ist ein eingespieltes Team das Um und Auf für einen reibungslosen Ablauf. „Bei uns ist am Ende der Saison fast jeder Posten anders besetzt als noch am Anfang“, erklärt der Spitzenkoch. Das liegt aber keineswegs daran, dass Probost rigoros Leute rauswirft, sondern er versucht gezielt, die Stärken der Einzelnen zu inszenieren – Küchenrotation wenn man so will.
„Das bestärkt natürlich auch die einzelnen Mitarbeiter und hilft ihnen, sich weiterzuentwickeln.“ Darum ist es, wie im Fall der Griggeler Stuba, bei Weitem keine Seltenheit, dass Expats mehrere Saisonen hintereinander im selben Betrieb anheuern. „Nach einer Saison kann man die Art und Weise, wie wir kochen, kaum verinnerlichen. Klar, dass man nach zwei oder drei Saisonen einen ganz anderen Bezug bekommt“, erklärt der Gault-Millau-Koch des Jahres 2008.
Weißes Sprungbrett
Da stellt sich dennoch gleich die Frage, was man bitte schön in den Übergangsmonaten im Frühling oder Herbst anstellen soll. „Wir lassen niemanden in der Luft hängen und versuchen schon frühzeitig, dank eines großen und gut funktionierenden Netzwerks, unsere Leute bei Top-Adressen in ganz Europa unterzubringen.
Ich weiß heute schon, dass uns am Dienstag nach Ostern 2018 vier Mitarbeiter verlassen werden, die wir allesamt schon untergebracht haben“, erklärt der renommierte Küchenchef voller Stolz. Und das zu Recht: Einerseits pimpt man so auf eindrucksvolle Weise seinen Lebenslauf und lernt in kurzer Zeit viele verschiedene Betriebe kennen und spart sich andererseits gleichzeitig lästige und mühevolle Zeit beim Arbeitsamt.
Für Expats auf Wintersaison empfiehlt sich, wie so oft im Leben, ein gutes Netzwerk zu pflegen. Nicht selten ergeben sich kurzfristig attraktive Jobs, auch heute noch, durch gute alte Mundpropaganda. „Natürlich tauscht man sich untereinander aus und gibt sich nützliche Tipps“, bestätigt Probost. Gleichzeitig warnt der saisonerprobte Küchenveteran vor dem sogenannten Schnee-Koller. „Wenn du davor auf Sylt gearbeitet hast, trifft dich die lange Saison natürlich mitten ins Gesicht. Wer sich Ende März auf den grünen Frühling freut, kann vom Wintereinbruch im April herb enttäuscht werden.“
Dass die Wintersaison in Top-Skigebieten für Skisport-Freaks ein wahres Eldorado der Sonderklasse ist, steht außer Frage. Häufig bieten Hotels und Restaurants flexible Arbeitspläne, damit Mitarbeiter voll und ganz dem Neuschnee sprichwörtlich ihren Stempel aufdrücken können. Aber auch abseits der Piste gibt es eine Vielzahl an Indoor-Freizeitmöglichkeiten, wie Golf, Tennis oder Wellness, bei denen man sich fernab von Schnee und Ski erholen kann.
Wer also mit Flexibilität, Stressresistenz und Top-Motivation gesegnet ist, den erwartet in den kalten Wintermonaten definitiv ein heißes Abenteuer in den Bergen. Denn mittlerweile zählt das Arbeiten auf Wintersaison zu den lukrativsten Jobmöglichkeiten im Tourismusbereich und bietet außerdem Karrieremöglichkeiten steiler als der Hahnenkamm.
Karrierechancen
Steiler als der Hahnenkamm: Die abwechslungsreiche und anspruchsvolle Arbeit auf Wintersaison ist mit Sicherheit fordernd – aber auch fördernd. Wer sich einmal etabliert hat, den erwarten tolle Aufstiegsmöglichkeiten bei internationalen Top-Adressen.
Gehalt
Besser als Jahresgehalt: Wer partytechnisch nicht die Nacht zum Tag macht, darf sich über eine prall gefüllte Börse freuen.
Wohnungsmarkt
Kein Thema: Über Miete, Wohnungssuche oder Stromanschluss müssen sich Expats keine Sorgen machen. Schöne Mitarbeiterunterkünfte sowie hochwertige Verpflegung sind mittlerweile Standard.
Mentalität
Gemeinsam stark: Die harte Arbeit auf Wintersaison schweißt ein Team zusammen. Nicht selten wird aus Kollegialität eine enge Freundschaft.