Die zwei Queer-Denker der Absteige zur bärtigen Therese
Trahütten liegt am Fuße der Koralm im Steirischen in Österreich. Hier, auf 994 Metern Seehöhe, genoss zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Komponist Alban Berg die Sommerfrische in der Villa seiner Schwiegermutter, einer früheren Geliebten von Kaiser Franz Joseph I.
Und wenn man so will, legte er damit einst den Grundstein für das, was heute an diesem offenbar besonders „verliebten“ Fleckchen Erde erwachsen ist: das erste queere Hotel Österreichs! Eine wahrlich abenteuerliche Geschichte – und sie geht so: Io Tondolos Großmutter lebte schon immer in Trahütten und betrieb hier bis 2003 ihren Gasthof. „Sie wollte, dass ich ihn übernehme, aber andere Teile der Familie hatten andere Pläne und haben die ‚Therese‘ als Selbstversorgerhütte weitergeführt.
Kurz vor dem ersten Corona-Lockdown 2020 konnte ich sie dann mit meinem Partner Itshe Petz auszahlen und das Haus übernehmen.“ Doch das motivierte Duo wusste – bloß mit der Übernahme eines Objekts ist noch lange kein Hotel geboren! Also gingen die beiden Gastgeber in spe auf Spionagetour – und zwar gezielt in sogenannte ‚queerfriendly hotels‘.
Trahütten liegt am Fuße der Koralm im Steirischen in Österreich. Hier, auf 994 Metern Seehöhe, genoss zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Komponist Alban Berg die Sommerfrische in der Villa seiner Schwiegermutter, einer früheren Geliebten von Kaiser Franz Joseph I.
Und wenn man so will, legte er damit einst den Grundstein für das, was heute an diesem offenbar besonders „verliebten“ Fleckchen Erde erwachsen ist: das erste queere Hotel Österreichs! Eine wahrlich abenteuerliche Geschichte – und sie geht so: Io Tondolos Großmutter lebte schon immer in Trahütten und betrieb hier bis 2003 ihren Gasthof. „Sie wollte, dass ich ihn übernehme, aber andere Teile der Familie hatten andere Pläne und haben die ‚Therese‘ als Selbstversorgerhütte weitergeführt.
Kurz vor dem ersten Corona-Lockdown 2020 konnte ich sie dann mit meinem Partner Itshe Petz auszahlen und das Haus übernehmen.“ Doch das motivierte Duo wusste – bloß mit der Übernahme eines Objekts ist noch lange kein Hotel geboren! Also gingen die beiden Gastgeber in spe auf Spionagetour – und zwar gezielt in sogenannte ‚queerfriendly hotels‘.
Fazit: „Wir wurden oft enttäuscht, weil diese Häuser eigentlich nicht wirklich auf uns als Zielgruppe zugeschnitten waren. Deshalb ist es uns heute so besonders wichtig, das richtige Maß aus Service und Freiheit für unsere Gäste zu finden.“
Heimelig, familiär, bunt und lustig, sagt Io Tondolo, sollte das Haus zudem wirken: „Wir sind alte Kitschnasen und deshalb gönnen wir unseren Räumen auffällige Farben und viele Details, die Freude bereiten.“ Womit wir auch schon beim eigentlichen Thema der „Absteige zur bärtigen Therese“ wären, wie das 2024 eröffnete Hotel heute heißt: jener Zielgruppe, die unter dem Begriff „queer“ zusammengefasst wird.
Was bedeutet „Queer“ überhaupt?
Der Begriff „queer“ stammt aus dem Englischen und lässt sich mit „blümerant“ ebenso übersetzen wie mit „verschroben“ – oder „schwul“. Im gesellschaftlichen Kontext umfasst es auch im Deutschen alle Menschen, die sich weder als heterosexuell noch als cisgeschlechtlich verstehen (was wiederum jene Menschen bezeichnet, die sich nicht mit dem ihnen zugeschriebenen Geschlecht identifizieren).
Doch passt diese moderne Lebensweise nicht besser in hippe Großstädte als in die Provinz? „Ich habe hier schon als Kind und Jugendlicher immer wieder viel Zeit bei meiner Großmutter verbracht und gelte deshalb nicht als ‚Zuagroasta‘“, sagt Io Tondolo.
Außerdem würde ihre sexuelle Orientierung in dem vermeintlich konservativen Bergdorf keinen Anlass für scheele Blicke geben, ergänzt Itshe Petz: „In Trahütten leben drei gleichgeschlechtliche Paare, das ist also nichts Besonderes hier.
Außerdem haben wir von Anfang an aktiv am Dorfleben teilgenommen und unser Haus zu einem Ort schöner, hetero-freundlicher Begegnungen gemacht.“ Lustig findet er hingegen die Reaktion der Einheimischen auf die Tatsache, dass die beiden Vollbartträger seit sechs Jahren immer in identen und exzentrischen Outfits gekleidet sind: „Sie nennen uns hier liebevoll ‚die Zwillinge‘.“
„Wir sind Kitsch-Nasen und gönnen den Räumen Details, die Freude machen“
– Itshe Petz über die Grundidee des spektakulären Interior-Designs
Charmante Begegnungen
Aber zurück zur Absteige: Der älteste Teil des Hauses stammt aus dem Jahr 1860 und diente ursprünglich als romantische Außenstelle eines Alpenhotels, in dem die High Society der steirischen Landeshauptstadt Graz ihre Sommerfrische genoss. Und schon damals trug die Mietvilla den Namen „Therese“: „Wir haben den traditionellen Namen übernommen – ohne zu wissen, wer diese Therese war.“
Das Gebäude wurde nun „bewusst nicht entkernt und umgebaut. Wir wollten ihm kein neues Wesen aufpfropfen.“ Dass nur sechs der zehn Zimmer über eigene Badezimmer verfügen, trägt zum Charme der Absteige bei: „Durch das Etagenbad und die WCs am Gang kann es immer wieder zu Begegnungen kommen. Und gerade dadurch, dass ich mir Räume mit anderen Menschen teile, entsteht das wohlige Gefühl, zu Hause zu sein.“
Die beiden Designer führen das Hotel ohne Mitarbeiter und öffnen die Absteige nur am Wochenende für Gäste. Die schlanke Kostenstruktur ermöglicht es, die Preise auf überschaubarem Level zu halten: „Wir wissen, dass finanzielle Herausforderungen in der queeren Community oft zum Alltag gehören“, sagt Itshe Petz. „Deshalb vermieten wir einfache Doppelzimmer mit Etagenbad und ohne Balkon um 90 Euro pro Nacht. Ich glaube, das ist noch leistbar. Ein Urlaub bei uns soll nicht am Finanziellen scheitern!“
Kuscheln, knutschen und mehr
Ein wichtiger Teil ihres Konzepts liegt darin, dass manche Veranstaltungen in der Absteige (die als reines Erwachsenenhotel geführt wird) für alle Menschen gedacht sind, und andere – bei aller sexuellen Offenheit – nur für Männer oder nur für Frauen: „Tatsächlich führt das dazu, dass die Stimmung bei reinen Gay- oder Lesben-Wochenenden viel relaxter wird“, sagt Io Tondolo. Schmunzelnder Nachsatz: „Und flirtyer!“
Denn, natürlich: Romantik und Körperlichkeit spielen eine entscheidende Rolle im Konzept der bärtigen Therese, sagt Itshe Petz: „Wir haben nichts dagegen, wenn unsere Gäste irgendwo kuscheln, knutschen oder miteinander rummachen. Wir schaffen einen Freiraum, in dem allen Menschen freigestellt ist, wie sie sich verhalten wollen.“ Io Tondolo und Itshe Petz wollen „einen queeren Raum als Ort der Begegnung und Akzeptanz, des gemeinsamen Feierns und der Vielfalt“ schaffen.
Und sie versuchen bestehende Strukturen zu stärken und neue Netzwerke aufzubauen: „Wir wollen andere queere Landwirte und Winzer unterstützen und helfen, sie bekannter zu machen, indem wir ihre Produkte promoten und immer wieder einladen, sich bei uns zu präsentieren.“
Über allem steht aber der Wunsch eines Safe Space: „Unsere Absteige soll den Bogen zwischen Privatsphäre und Sichtbarkeit der Community spannen“, sagt Io Tondolo. „Dass wir bereits Buchungen für das Frühjahr 2025 haben, zeigt uns, dass wir einiges richtig gemacht haben.“
–––
ABSTEIGE ZUR BÄRTIGEN THERESE
Der Österreicher Io Tondolo, 43, und der Deutsche Itshe Petz, 48, betreiben im 400-Seelen-Bergdorf Trahütten am Fuße der steirischen Koralm seit Anfang 2024 die „Absteige zur bärtigen Therese“.
Die beiden Designer und Künstler (itshe+io) verstehen sich selbst als „non-binäre Dragkings“ und wollen mit ihrem Hotel, das nur an Wochenenden geöffnet ist, einen „queeren Raum als Ort der Begegnung und Akzeptanz, des gemeinsamen Feierns der Vielfalt“ bieten.