Der geheime Möglich-Macher im Hintergrund
Sie sind selten geworden, Geschichten wie diese. Erfolgsgeschichten, die hinter den Kulissen stattfinden. Weit weg von aufmerksamkeitsheischenden Social-Media-Kanälen und lauten Marketingkampagnen. Geschichten von Menschen, die Macher sind – aber im Hintergrund bleiben. Die die Fäden ziehen, aber damit nicht das Rampenlicht suchen. Weil es ihnen um viel mehr geht als das: nämlich um die Sache selbst.
Eine dieser seltenen Geschichten ist die von Reinhard Stocker. Einem Mann, der ohne großes Spektakel Spektakuläres geschaffen hat – und die österreichische Hotellerie und Gastronomie in den vergangenen 40 Jahren geprägt hat wie die wenigsten: 20 Jahre lang lenkte er zusammen mit Balthasar Hauser die Geschicke des – heute legendären – Stanglwirt im tirolerischen Going.
Seit 2006, also seit 18 Jahren, verantwortet er als Head of Hospitality die gesamte Gastronomie bei Red Bull. Allein diese beiden Stationen zeigen: Die Sache selbst, um die es Stocker geht, ist mehr als ein Job. Vor allem aber wird klar, wie sehr Stocker im Hintergrund immer einen, wenn nicht zwei Schritte voraus war.
28 Jahre jung – und stabil
Stockers Laufbahn beginnt eigentlich mit einem Rätsel. Er war 22 Jahre alt und arbeitete als Koch in der Ramsau, als er auf einem Bauernhof einen tragischen Unfall in einem Futtersilo hatte.
„Niemand, auch die Ärzte nicht, wissen, warum ich das überlebt habe.“
Sie sind selten geworden, Geschichten wie diese. Erfolgsgeschichten, die hinter den Kulissen stattfinden. Weit weg von aufmerksamkeitsheischenden Social-Media-Kanälen und lauten Marketingkampagnen. Geschichten von Menschen, die Macher sind – aber im Hintergrund bleiben. Die die Fäden ziehen, aber damit nicht das Rampenlicht suchen. Weil es ihnen um viel mehr geht als das: nämlich um die Sache selbst.
Eine dieser seltenen Geschichten ist die von Reinhard Stocker. Einem Mann, der ohne großes Spektakel Spektakuläres geschaffen hat – und die österreichische Hotellerie und Gastronomie in den vergangenen 40 Jahren geprägt hat wie die wenigsten: 20 Jahre lang lenkte er zusammen mit Balthasar Hauser die Geschicke des – heute legendären – Stanglwirt im tirolerischen Going.
Seit 2006, also seit 18 Jahren, verantwortet er als Head of Hospitality die gesamte Gastronomie bei Red Bull. Allein diese beiden Stationen zeigen: Die Sache selbst, um die es Stocker geht, ist mehr als ein Job. Vor allem aber wird klar, wie sehr Stocker im Hintergrund immer einen, wenn nicht zwei Schritte voraus war.
28 Jahre jung – und stabil
Stockers Laufbahn beginnt eigentlich mit einem Rätsel. Er war 22 Jahre alt und arbeitete als Koch in der Ramsau, als er auf einem Bauernhof einen tragischen Unfall in einem Futtersilo hatte.
„Niemand, auch die Ärzte nicht, wissen, warum ich das überlebt habe.“
– Reinhard Stocker über seinen Gärgasunfall in einem Silo, der sein Leben entscheidend prägte
„Ich bin zu früh ins Silo gestiegen, dadurch wurden sofort Gärgase freigesetzt“, erinnert sich der gebürtige Schladminger. Stocker spricht sachlich, überlegt, bedächtig. Doch sein Gesichtsausdruck verrät, dass er auch nach all diesen Jahren vor einem Rätsel steht:
„Normalerweise bedeutet so ein Gärgasunfall für jeden Menschen einen Sekundentod. Niemand, auch die Ärzte nicht, wissen, warum ich das überlebt habe.“
Monatelang wurde Stocker in mehreren Krankenhäusern von Salzburg über Graz bis nach Wien behandelt, kämpfte sich aber letztlich doch zurück ins Leben. So persönlich diese Geschichte auch sein mag: Man muss sie kennen, um zu verstehen, wie Reinhard Stocker tickt. Denn de facto wurde ihm ein zweites Leben geschenkt. Eines, das er angemessen würdigen wollte. Wie? Indem er es mit Ehrgeiz und Dankbarkeit an den Hörnern packte – und seiner Leidenschaft nachging: der Gastronomie.
„Dass ich Koch werde, war nicht vorgesehen, weil niemand von meiner Familie in der Gastronomie tätig war, aber ich hatte nie einen anderen Traum“, so Stocker.
Mit seiner unbändigen Arbeitsmoral, hohen Ansprüchen an sich selbst und beneidenswertem Gespür dafür, was seine Arbeitgeber brauchten, machte sich Stocker nach dem schicksalhaften Unfall in hochrenommierten Betrieben einen Namen: beispielsweise im Sporthotel Royer in Schladming, damals eines der wenigen Fünf-Sterne-Hotels in der Steiermark, oder im Hotel Europe in Killarney Irland, einem Luxus-Hotel des Unternehmers Hans Liebherr.
Dort brachte es Stocker schnell zum Wirtschafter – heute würde man sagen: F&B Manager – mit 300 Mitarbeitern. Und hätte, wäre es nach Hans Liebherr gegangen, bald schon alle Hotels der Liebherr-Gruppe in leitender Position übernehmen sollen. Doch auch in der österreichischen Heimat begann man, sich um diesen jungen Ennstaler zu reißen.
Vom Waldviertel bis nach Salzburg schärfte er sein Gespür für die Luxushotellerie – und studierte noch dazu in St. Pölten. So kam es, dass er in erstaunlich jungem Alter Direktor eines Fünf-Sterne-Hotels der Norica-Gruppe in Maria Alm wurde.
„Die Vorgabe für einen Hoteldirektor lautete damals: 30 Jahre alt und verheiratet, damit man stabil ist. Ich war 28 und unverheiratet.“ Und trotzdem stabil, wie das, was kommen sollte, beweisen würde.
Ein Vorreiter-Duo
Dort wurde ein gewisser Balthasar Hauser auf ihn aufmerksam. Jener Mann, der mithilfe von Reinhard Stocker in den kommenden 20 Jahren mit dem Hotel Stanglwirt – einem Vorreiterhotel in Sachen Nachhaltigkeit – österreichische Hotelgeschichte schreiben sollte.
„Er hat mich so lange bearbeitet, bis ich zugesagt habe“, erinnert sich Stocker lächelnd. „Obwohl ich mich am Anfang gefragt habe, was ich nach meiner Zeit bei einem strukturierten Konzern bei einem kleinen Familienbetrieb tue, wusste ich: Balthasar Hauser ist innovativ und hat eine eigene Persönlichkeit. Das hat mich gereizt.“
In den 20 Jahren Stanglwirt erwiesen sich Stocker und Hauser als visionäres Duo: Anstatt auf platzsparende, modern-funktionelle Zimmer zu setzen, ging es bei der Zimmerplanung des immer größer werdenden Hotels um das urige, intuitive „Gefühl von Gemütlichkeit“, das sie beide instinktiv vertraten.
Auch in Sachen Nachhaltigkeit setzten Hauser und Stocker zu einer Zeit, in der niemand etwas auf Öko-Tourismus gab, prägende Maßstäbe für die Branche: mit Bio-Lebensmitteln aus der Region, darunter auch dem selbst hergestellten Bergkäse vom Wilden Kaiser, mit nachhaltigen Baumaterialien und begrünten Dächern.
„Reinhards menschliche Größe offenbarte sich immer wieder darin, dass er das wichtigste Bindeglied im Stanglwirt war“, erinnert sich Hauser.
„Er konnte mit allen: mit den Einwohnern, den Landwirten, den Mitarbeitern, den Gästen, ganz gleich ob prominent oder nicht, und natürlich auch den Sängern und Musikern von unserem traditionellen Sängertreffen, ihnen war der Reinhard besonders wichtig. Außerdem ist er untrennbar mit dem Erfolg unserer legendären Weißwurstparty verbunden – Reinhard hat einfach unglaublich viel geleistet hier im Stanglwirt.“
Der Macher als Anker
Was Reinhard Stocker konnte, das wusste ein bestimmter Stammgast ganz genau: Dietrich Mateschitz. Für den Red-Bull-Gründer stand fest: Wenn jemand seine gastronomischen Visionen verstehen und umsetzen konnte, dann Reinhard Stocker. 2006 nahm Stocker diese Mission schließlich in Angriff. Und formte als Head of Hospitality die gastronomische Identität von Red Bull auf einzigartige Art und Weise, indem er eine klare Vision von Traditionsverbundenheit und gastronomischer Weltoffenheit verfolgte.
Besonders für Furore sorgten Mateschitz und Stocker mit dem heute hochrenommierten Salzburger Restaurant Ikarus im Hangar-7, das mit zwei Michelin-Sternen und einem Gastkochkonzept weltweit einzigartig ist.
„Reinhard Stockers Gespür für Gastronomie und Hotellerie, aber auch seine soziale Kompetenz sind einfach einzigartig“, sagt Matthias Berger, jahrelanger Service-Chef im Hangar-7 und nunmehriger Nachfolger von Reinhard Stocker.
„Obwohl er immer viel zu tun hat, ist er für jeden einzelnen Mitarbeiter in all den Jahren eine unglaublich nahbare Ansprechperson gewesen, ein richtiger Anker für uns alle. Er hat nicht nur zugehört, sondern auch immer weitergeholfen. Im positivsten Sinne muss ich auch sagen: Er ist ein Rastloser, für den sein Beruf nie nur Beruf war, sondern Berufung.“
Heute blickt Stocker mit viel Dankbarkeit auf sein Wirken zurück: „Ich danke der gesamten Stanglwirt-Familie und auch Dietrich Mateschitz für ihr Vertrauen in mich“, sagt Stocker, nicht ohne hinzuzufügen: „Genauso bedanke ich mich auch bei all meinen langjährigen Mitarbeitern und loyalen Kollegen wie etwa Hangar-7-Executive Chef Martin Klein und Matthias Berger.“
Auch mit seinen 69 Jahren hat der erfolgsverwöhnte Manager nicht vor, in den Ruhestand zu gehen. Die Rolle als Gastro-Mastermind für Red Bull hat er zwar Ende des Jahres 2023 offiziell an Matthias Berger abgegeben.
Doch bleibt er weiter für Red Bull beratend tätig. Im Hintergrund, versteht sich. Genau dort wird sich der Ennstaler weiterhin am wohlsten fühlen. Und wie gewohnt immer einen Schritt voraus sein.