Labor-Austern: Genial oder Gefährlich?

Seit einigen Jahren werden Austern im Labor gezüchtet. Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Branche, die Umwelt und die Konsumenten.
Januar 2, 2025

Austern gelten seit jeher als Delikatesse und zählen zu den wenigen Meerestieren, die man in Bezug auf Umwelt und Fischbestände bedenkenlos essen kann.

Doch nicht alle Austern, die auf unseren Tellern landen, stammen aus dem Meer. Eine stillere, aber kontroverse Revolution spielt sich in der Welt der Austernzucht ab:

Immer mehr Austern werden im Labor gezüchtet – mit weitreichenden Folgen für die Umwelt, den Markt und die Konsumenten.

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Im Labor gezüchtete Austern bedrohen zum einen den traditionellen Beruf der Austern-Züchter und zum anderen auch die Umwelt. – Foto: Shutterstock

Austern gelten seit jeher als Delikatesse und zählen zu den wenigen Meerestieren, die man in Bezug auf Umwelt und Fischbestände bedenkenlos essen kann.

Doch nicht alle Austern, die auf unseren Tellern landen, stammen aus dem Meer. Eine stillere, aber kontroverse Revolution spielt sich in der Welt der Austernzucht ab:

Immer mehr Austern werden im Labor gezüchtet – mit weitreichenden Folgen für die Umwelt, den Markt und die Konsumnten.

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Im Labor gezüchtete Austern bedrohen zum einen den traditionellen Beruf der Austern-Züchter und zum anderen auch die Umwelt.

Die gezüchtete Labor-Auster

In den 1990er-Jahren entwickelte das französische Meeresforschungsinstitut Ifremer die sogenannte triploide Auster. Diese spezielle Zuchtform verfügt über drei statt zwei Chromosomensätze und ist dadurch unfruchtbar.

Der Vorteil: Sie bildet nicht den ungeliebten „Milcher“, eine milchige Substanz, die während der Fortpflanzung im Sommer entsteht und den Geschmack vieler Genießer stört. Dadurch sind Austern plötzlich ganzjährig genussfertig und besonders für die touristischen Sommerhochzeiten an der Atlantikküste geeignet.

Die kommerziellen Vorteile dieser Laboraustern sind enorm. Sie wachsen schneller und können bereits nach drei statt vier Jahren verkauft werden. Zudem bieten sie eine gleichbleibende Qualität, was sie für Spitzenrestaurants und Marken wie Gillardeau attraktiv macht.

Diese Premium-Marke lasert ihr Logo sogar direkt auf die Schalen, um Fälschungen vorzubeugen.

Doch dieser Fortschritt hat auch eine Schattenseite.

Die Kritik der industriellen Auster 

Jean Paul Guernier, ein traditioneller Austernzüchter aus der Normandie, sieht die Entwicklung kritisch. Für ihn sind Laboraustern ein Kompromiss, den der Markt diktiert.

„Das ist nicht der Beruf, den ich gewählt habe,“ sagt er. Denn während die traditionellen Austern ein Produkt der Natur und ihren Jahreszeiten sind, hängen die Laboraustern von industriellen Prozessen ab und bedrohen die herkömmliche Austern-Zucht. 

Auch aus Umweltsicht sind natürlich gezüchtete Austern „sinnvoller“. Sie heften sich an Felsen, bilden Riffe und helfen, Erosion einzudämmen. Zudem filtern sie Meerwasser, wodurch das Wachstum von Seegras gefördert wird – ein wertvoller Lebensraum für viele Meeresbewohner. S

tudien, unter anderem in National Geographic veröffentlicht, zeigen, dass traditionelle Austernzucht das ökologische Gleichgewicht fördern kann.

Kennzeichnungspflicht? Fehlanzeige

Ein großes Problem für Konsumenten ist die fehlende Transparenz. Laboraustern unterliegen keiner Kennzeichnungspflicht, sodass es schwer fällt, sie von natürlichen Austern zu unterscheiden. Selbst der Zusatz „Bio“ kann irreführend sein, da auch Laboraustern dieses Label tragen dürfen.

Wer Austern möchte, die im Meer geboren und aufgezogen wurden, muss oft tief in die Tasche greifen und gezielt nachfragen. Solche Exemplare spiegeln ein „Terroir“ wider, das die Jahreszeiten, das Wetter und die Arbeit der Züchter einfängt – ein Konzept, das Gourmets besonders schätzen.

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Traditionell gezüchtete Austern sind vor allem bei Goumets aufgrund ihres einmaligen Geschmacks sehr beliebt. – Foto: Shutterstock

Ein zweischneidiges Schwert

Die steigende Popularität von Laboraustern ist nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern auch des wirtschaftlichen Drucks. Der Markt verlangt nach konstanten Qualitäten und ganzjähriger Verfügbarkeit, was traditionelle Zuchtmethoden oft nicht leisten können. Gleichzeitig geht ein Stück Authentizität verloren. Die Laborauster ist kein Produkt des Meeres, sondern eines der Wissenschaft.

Für Verbraucher bleibt die Wahl eine Frage des Bewusstseins. Wer Wert auf Nachhaltigkeit und natürliche Prozesse legt, sollte beim Austernkauf genau hinsehen und gezielt nach Meeresaustern fragen. Doch angesichts der Marktdominanz der triploiden Variante wird es immer schwieriger, den Unterschied zu erkennen.

Die Zukunft der Austern

Die Welt der Austernzucht steht vor einem Paradigmenwechsel. Laboraustern bieten wirtschaftliche und praktische Vorteile, könnten jedoch langfristig die traditionelle Zucht und ihre positiven ökologischen Effekte verdrängen.

Verbraucher sind gefragt, sich bewusst zu entscheiden – für den Geschmack, die Umwelt und die Authentizität einer jahrhundertealten Tradition. Letztlich bleibt eine Frage offen:

Wie viel Fortschritt verträgt ein Lebensmittel, das für viele der Inbegriff von Natur und Ursprünglichkeit ist?

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