Expertise zur Gastro-Mehrwertsteuer schlägt hohe Wellen
Metro-CEO Steffen Greubel findet harte Worte für die am Sonntag veröffentlichte Kurzexpertise eines Teams um Friedrich Heinemann von der Europäischen Wirtschaftsforschung (ZEW). Darin wird der Regierung zur Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie geraten. „Agitatorische, wichtigtuerische Propaganda“, so Greubel. Auch Martin Behle, Chief HoReCa Officer Metro AG, hat mit dem Hauptautor ein Hühnchen zu rupfen.
Metro-CEO Steffen Greubel findet harte Worte für die am Sonntag veröffentlichte Kurzexpertise eines Teams um Friedrich Heinemann von der Europäischen Wirtschaftsforschung (ZEW). Darin wird der Regierung zur Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie geraten. „Agitatorische, wichtigtuerische Propaganda“, so Greubel. Auch Martin Behle, Chief HoReCa Officer Metro AG, hat mit dem Hauptautor ein Hühnchen zu rupfen.
Heinemann kommt im Papier zu dem Schluss, dass die Bundesregierung sich zum Ende des ermäßigten Steuersatzes für Restaurantdienstleistungen zum Jahresende bekennen solle. Gleichzeitig empfehlen die Wissenschaftler, eine Reduktion des Steuersatzes für Schulkantinen zu prüfen.
Durch das Corona-Steuerhilfegesetz wurde der Mehrwertsteuersatz für Gastronomiebetriebe 2020 von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt. Mit Jahresende soll die Ermäßigung auslaufen. Immer mehr Branchenvertreter schlagen deshalb Alarm und fordern, dass die sieben Prozent über den 31. Dezember hinaus bleiben. Gastronomen warnen vor einem drohenden „Flächenbrand“ in der Branche (Rolling Pin berichtete). Eine entsprechende Petition der Vereinigung Jeunes Restaurateurs Deutschland kann hier unterstützt werden.
„38 Milliarden über 10 Jahre“
Im Sozialen Business-Netzwerk LinkedIn schreibt Behle in Bezug auf die ZEW-Veröffentlichung: „Die Argumente könnten politisch verfangen. Das Papier zielt darauf ab, mit sehr grossen Zahlen Meinung zu machen. Die 3,3 Mrd. Steuereinnahmen wurden da schnell zu knapp 38 Mrd. über 10 Jahre.“ Er fände die Aussage des Professors, dass Gastronomie eigentlich nur den Besserverdienenden zugänglich sei, „spannend“. Bei 19 Prozent Mehrwertsteuer wäre der Kreis dann noch elitärer. „Ist das dann zielkonform?“
Ein weiterer Denkanstoß kommt vom parteiübergreifenden Think-Tank Zukunft der Gastwelt (DZG). „Diese Berechnung [der ZEW] ist zwar inhaltlich korrekt, in ihrer Darstellung aber populistisch, weil hier einfach mal so summierte Zahlen für einen sehr langen Zeitraum in den Raum gestellt werden.“ Man sollte in den kommenden Wochen mit eigenen Sparvorschlägen argumentativ in die Offensive gehen, so DZG-Vorstandschef Marcel Klinge. „Das Kernproblem aller Beteiligten ist und bleibt aber weiterhin, dass es derzeit noch keine überzeugende Gegenfinanzierung gibt – und an dieser ‚Achillesferse‘ wollen wir jetzt arbeiten.“
„Längst überfällige Anpassung“
In der Diskussion auf LinkedIn beteiligte sich unter anderem auch die Gastronomin Kerstin Rapp-Schwan: „Es geht hier um unzählige Existenzen, die seit mehr als 20 Jahren die Steuerungerechtigkeit anprangern, die Sie mit intellektuellem Zeigefinger wegwischen.“ Auch Goetz Braake, Head of Gastro Consulting bei Metro Deutschland Consulting, argumentiert auf Seiten der Gastronomie: „Jede These kann durch eine, wie auch immer erstellte, Statistik bewiesen werden.“ Recht habe die Studie mit der Aussage, dass die Branche durch die Krisenfolgen und den Strukturwandel stark getroffen sei und einen Wandel vollziehen müsse. „In der Krise als Subvention gedacht, stellt die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer jedoch im europäischen Vergleich eine längst überfällige Anpassung dar“, so Braake weiter.