Marcel Thiele: Die Suche nach dem heiligen Kraut
Wie einst Indiana Jones auf der Suche nach dem Heiligen Gral, sind Food-Hunter in den entlegensten Winkeln unseres Planeten unterwegs, immer auf der Suche nach dem Neuen. Wobei oftmals das vermeintlich Neue uralt und nur noch nicht entdeckt ist. Exotische Gewürze, vergessene Pflanzen oder antike Techniken machen den Reiz der modernen Gastronomie aus – den Reiz, das kulinarische Rad neu zu erfinden, etwas auf den Teller zu bringen, was die Leute so noch nicht erlebt haben.
Doch welcher Koch der Welt tauscht schon die Pfanne gegen ein Seil und begibt sich auf Produktsuche nach Asien oder Afrika? Einer dieser kulinarischen Abenteurer ist Marcel Thiele. Als Spice Hunter und Culinary Development Manager für das holländische Unternehmen Koppert Cress ist der gelernte Koch mit einzigartigem Know-how und ausgeprägtem Spürsinn ständig auf der Suche nach aufregenden Produkten.
Der Geschmacksexperte und Trendscout hat dafür bereits unglaubliche 75 Länder unter die Lupe genommen. Was Thiele von seinen Reisen mitbringt, hat in manchen Fällen nicht mal einen Namen. Bevor seine exotischen Aromen aber in das Sortiment von Koppert Kress wandern, müssen sie noch weiteren Bewährungsproben standhalten. „Wir stellen die Produkte Köchen vor. Und die sind in der Lage zu entscheiden, welche Produkte bei Koppert Cress auf den Markt kommen.“ Um seine Entdeckungen überhaupt erst präsentieren zu können, steigt der Spice Hunter nicht einfach auf gut Glück ins Flugzeug und durchkämmt mit einem Jeep die Gegend.
Wie einst Indiana Jones auf der Suche nach dem Heiligen Gral, sind Food-Hunter in den entlegensten Winkeln unseres Planeten unterwegs, immer auf der Suche nach dem Neuen. Wobei oftmals das vermeintlich Neue uralt und nur noch nicht entdeckt ist. Exotische Gewürze, vergessene Pflanzen oder antike Techniken machen den Reiz der modernen Gastronomie aus – den Reiz, das kulinarische Rad neu zu erfinden, etwas auf den Teller zu bringen, was die Leute so noch nicht erlebt haben.
Doch welcher Koch der Welt tauscht schon die Pfanne gegen ein Seil und begibt sich auf Produktsuche nach Asien oder Afrika? Einer dieser kulinarischen Abenteurer ist Marcel Thiele. Als Spice Hunter und Culinary Development Manager für das holländische Unternehmen Koppert Cress ist der gelernte Koch mit einzigartigem Know-how und ausgeprägtem Spürsinn ständig auf der Suche nach aufregenden Produkten.
Der Geschmacksexperte und Trendscout hat dafür bereits unglaubliche 75 Länder unter die Lupe genommen. Was Thiele von seinen Reisen mitbringt, hat in manchen Fällen nicht mal einen Namen. Bevor seine exotischen Aromen aber in das Sortiment von Koppert Kress wandern, müssen sie noch weiteren Bewährungsproben standhalten.
„Wir stellen die Produkte Köchen vor. Und die sind in der Lage zu entscheiden, welche Produkte bei Koppert Cress auf den Markt kommen.“ Um seine Entdeckungen überhaupt erst präsentieren zu können, steigt der Spice Hunter nicht einfach auf gut Glück ins Flugzeug und durchkämmt mit einem Jeep die Gegend.
Netzwerken ist Pflicht
„Wenn ein Trip gut durchgetaktet ist, dauert er um die dreieinhalb Wochen“, erklärt Thiele. Zeit und Aufwand sind dabei vor allem von der Destination abhängig. „Wenn ich nach Nepal oder Indien reise, wo ich auch schon öfters war, bin ich dort zwei Wochen. Andere Reisen wie beispielsweise nach Afrika oder Südamerika, wo die Anreise schon viel komplizierter ist, dauern natürlich dementsprechend länger.“
Um zu wissen, in welchen oft nur schlecht erschlossenen Regionen er auf exotische Produkte stoßen könnte, braucht es ein gewaltiges Netzwerk an Foodies, Freunden und Einheimischen, die Thiele mit dem nötigen Input versorgen. „Da gibt es Menschen, von denen höre ich oft jahrelang nichts und dann plötzlich rufen sie an und haben etwas für mich.“ Seinen ersten Kontakt, den er 1999 in Südafrika kennenlernte, hat er übrigens immer noch. Dieses riesige Netzwerk konnte Thiele schon in seiner Zeit bei der Marine aufbauen. „Ich habe jede Gelegenheit genutzt, an Land zu gehen, die hiesigen Traditionen, die Küche, die Produkte und natürlich die Locals kennenzulernen.“
Krasse Entdeckungen machte Thiele in seiner jahrelangen Tätigkeit jede Menge. Ein Fund, bei dem jede Kinnlade garantiert offen bleibt, ist der sogenannte Ophiocordyceps sinensis. Der Chinesische Raupenpilz zählt als Hybrid aus Tier und Pflanze definitiv zu den ausgefallensten Produkten, die Thiele jemals zu fassen bekam.
Die mysteriöse Symbiose zwischen Pilz und Raupe lässt aus dem Tier Sammelfruchtkörper wachsen. Unglaublich selten im nepalesischen Hochgebirge zu finden, löhnt man für ein Kilogramm der heiß begehrten Delikatesse bis zu 6000 Euro. Vor allem in China gilt der Pilz als Aphrodisiakum und Heilmittel. Kulinarisch findet sich der Chinesische Raupenpilz getrocknet und gerieben in verschiedenen Gewürzmischungen. „Geschmacklich verleiht der Raupenpilz ein einzigartiges nussiges Aroma.“
Aufgrund des schwindelerregend hohen Preises schlägt wie leider so oft auch der Turbokapitalismus in all seiner Grausamkeit zu. „Eine außergewöhnliche Zutat für potenzsteigernde chinesische Gewürzmischungen. Leider macht es noch viel mehr negative Schlagzeilen, da die Raupe ein großer Wirtschaftsfaktor ist. Farmer werden die Berge hinabgestoßen, damit man ihr Anwesen in Ruhe nach dieser Tierpflanze absuchen kann“, schildert Thiele die dramatische Lage. Zum Glück sind aber nicht alle kulinarischen Entdeckungen des Spice Hunters so hart umkämpft wie dieses Produkt-Alien.
Speise um die Welt
In Indien fielen Thiele die Stachel-Chayoten in die Hände. Von deren Geschmack zeigt sich der sonst so coole Trendscout schwer beeindruckt: „Die werden traditionell wie Kartoffeln zubereitet. Einfach 15 bis 20 Minuten gekocht oder gebacken, erinnert ihr Geschmack an Gurke und Kartoffel. Serviert mit frischer Limetten-Avocado-Creme und Lemon Cress ist die Stachel-Chayote der Wahnsinn“, schwärmt Thiele. Dabei glänzt das grüne Gemüse aber nicht nur in puncto Geschmack, sondern auch durch seinen pflegeleichten Anbau. Die Pflanzen werden einfach auf den Boden gelegt, liefern mehrere Jahre Ertrag und die Früchte müssen nicht einmal ausgegraben werden.
Wie eingangs bereits erwähnt, stößt Thiele aber auch immer wieder auf Pflanzen, die hierzulande keinen deklarierten Namen haben und nur Einheimischen bekannt sind. Der Gorillapfeffer, so Thieles Arbeitstitel, ist am europäischen Markt ein unbeschriebenes Blatt. Die afrikanische Pfeffer-Art beschreibt der Spice Hunter mit einer komplexen Schärfe, die er so noch nie erlebt hat.
Auf seiner letzten Expedition in Nepal entdeckte der Spice Hunter eine einzigartige Minze (Bild Nr. 6) mit bombastischer Aromen-Überraschung. „Wenn man mit geschlossenen Augen daran riechen würde, würde man definitiv sagen: ‚Rose‘, aber ohne diesen seifigen Charakter.“ Geschmacklich gesellt sich dann noch ein Frische-Kick in Form von Minze, Mango und Avocado dazu. „Einfach nur spektakulär“, so Thiele.
Auf seinen Food-Expeditionen fokussiert sich der Spice Hunter aber nicht nur stur auf exotische Produkte, Aromen und Geschmäcke. „Viel wichtiger ist doch die Frage, warum die Menschen gewisse Lebensmittel essen und was sie sich davon versprechen.“ Der Austausch mit den Locals und das Beobachten kulinarischer Traditionen sind für Thiele daher so wichtig wie das täglich Brot.
Die Frage nach dem Warum
Sechuan Buttons oder Parakresse ist in Europa vielen als „kulinarischer Elektroschocker“ ein Begriff. Der Geschmack von Sechuan Buttons reicht von leicht pfeffrigen Zitrusaromen bis hin zu einer prickelnden Schärfe, die den Gaumen und die Lippen leicht betäubt. „Was bei uns die wenigsten Menschen wissen, ist, dass in Afrika Sechuan Buttons als Heilmittel gegen Malaria gegessen werden.“
Und in der Tat gibt es Studien, die beweisen, dass die Blüten Stoffe beinhalten, die Parasiten im Blut abtöten. Darum landen Sechuan Buttons auch oft auf rohen Fleisch- und Fischgerichten, um die Gefahr einer Malaria-Übertragung zu minimieren. „Es geht weniger um die Jagd nach Produkten, die skurril sind, zu verstehen, warum haben die Leute angefangen das zu essen, darum geht es – vor Ort zu sehen, wie kombiniert wird und welche Techniken angewandt werden.“
Beeindruckend und einzigartig beschreibt Thiele die riesigen Food-Märkte in der senegalesischen Hauptstadt Dakar. „Wir waren auf Produktsuche unterwegs und haben dort den größten Luxus ever erlebt. Du suchst dir beispielsweise deine Fische aus, verhandelst den Preis und dann bringen dir die Händler die Ware direkt ins Restaurant. Ein Service hoch drei, den es bei uns nicht gibt.“
Durch den Meereszugang können in Dakar täglich fangfrische maritime Exoten wie Mahi-Mahi oder der Schmetterlingsbuntbarsch gekauft werden. Auch das Obst- und Gemüseangebot lässt keine Wünsche offen – Tamarillos, Kakis oder Kumquats sind in rauen Mengen frisch und reif vorhanden. Zwischen den vielen Top-Produkten machte Thiele aber auch einen rätselhaften Fund. „Überall auf dem Markt konnte man kleine Singvögel in Käfigen kaufen.“ Als Haustiere? „Nein. Sie gelten in Afrika als absolute Delikatesse und werden in guten Restaurants kredenzt“, erklärt der Spice Hunter.
Bei dieser Produktvielfalt müsste man doch meinen, dass alles eitel Wonne ist. Doch den Händlern in der Megametropole Dakar heizt ein ganz anderes Problem sprichwörtlich ein – die Hitze. Hochmoderne Kühlgeräte, wie sie in der westlichen Welt Standard sind, gibt es keine. „Fisch und Fleisch werden dort nicht einmal gekühlt. Produkte, die du kaufst, müssen noch am selben Tag verwertet werden.“
Gewalt ist (k)eine Lösung
Dass die Erkenntnisse und Entdeckungen auf seinen Reisen nicht immer nur das Gelbe vom Ei sind, musste Thiele schon öfters feststellen. Um die Haltbarkeit des Fleisches zu erhöhen, wird oft zu barbarischen Mitteln gegriffen. Während in unseren Breitengraden Tiere psychologisch so schonend als möglich geschlachtet werden, um Muskelkontraktion und den Adrenalinausstoß zu minimieren, ist in Afrika das Gegenteil der Fall.
„Die Tiere werden im Morgengrauen geschlachtet, wenn sie völlig ausgeruht sind. Dann wird aber nicht, wie es bei uns üblich ist, kurzer Prozess gemacht. Die Tiere werden gequält, dass einem die Tränen in die Augen steigen.“ Dabei geht es aber nicht um perfide Grausamkeiten, es geht um die Verlängerung der Haltbarkeit. „Durch die Milchsäure, das Adrenalin und den Stress ziehen sich die Muskeln zusammen und das Fleisch vergammelt nicht so schnell.“
Doch Afrika ist nicht nur ein klimatisch, sondern leider auch politisch extrem heißes Pflaster. „Natürlich kommt man bei manchen Trips in Situationen, die sogar lebensbedrohlich sein können.“ Die geplanten Reisen Ende des Jahres in die Krisenländer Kamerun und Kongo hat Thiele ad acta gelegt. „Was derzeit dort abgeht, ist brutal. Ich würde niemandem raten, dorthin zu reisen.“ Die Vorbereitungszeit für seine Food-Safaris liegt darum nicht selten bei einem oder sogar zwei Jahren. Akribische Recherche und immer ein Plan B im Gepäck ist für den Spice Hunter das A und O in seinem Job. Ans Aufhören denkt Thiele aber noch lange nicht. Zu vieles gibt es für ihn noch zu entdecken.