Craft Beer: Am Pils der Zeit

Kreativ, individualistisch, trendy: Craft-Beer ist uns mittlerweile in der Gastronomie ein ständiger Begleiter. Wer den Ton angibt und was die Trends sind, lest ihr hier.
April 26, 2018 | Text: Sissy Rabl | Fotos: Stefan Haehnel, bjoern@ckontender.de, Seren Dal,Bernhard Huber, Lukas Palik

Craft-Beer ist mittlerweile so fester Bestandteil der Mainstreamkultur wie Birkenstocks und Avocados. In den USA, einem der Ursprungsländer und Hauptmotoren der Craft-Beer-Industrie, leben mittlerweile über 80 Prozent der Bevölkerung knapp 15 Kilometer von der nächsten Brauerei entfernt. Über 6000 Brauereien zählt die US-amerikanischische Brauereiunion, knapp die Hälfte sind als Craft-Beer-Produzenten registriert.

Ein Bierbrauer bei der Arbeit

Zum Vergleich: Vor ungefähr 30 Jahren gab es in den USA rund 300 Brauereien. Die Spitzenreiter unter den europäischen Craft-Beer-Produzenten sind Großbritannien, Frankreich und Italien. In Deutschland war das Wachstum bei Weitem nicht so explosiv. Heute gibt es rund 100 Brauereien mehr als noch vor zehn Jahren.

Das langsame Wachstum liegt zum einen an der soliden Biertradition, die schon lange als Teil der deutschen DNA angesehen wird und das Land auf Rang vier der weltgrößten Braunationen platziert. Und auch das weltweit einmalige deutsche Reinheitsgebot macht manchen experimentierfreudigeren Bierproduzenten einen Strich durch die Rechnung.

Zur Erinnerung: Laut Reinheitsgebot darf Bier genau aus vier Komponenten bestehen: Malz, Hopfen, Hefe und Wasser. Nach dem Zenit des Craft-Beer-Booms bleiben die Fragen: Wer sind die innovativsten Spieler am Feld, was sind die aktuellen Trends unter den Produzenten und wie schaut die Zukunft des Craft-Beer aus?

Craft-Beer ist mittlerweile so fester Bestandteil der Mainstreamkultur wie Birkenstocks und Avocados. In den USA, einem der Ursprungsländer und Hauptmotoren der Craft-Beer-Industrie, leben mittlerweile über 80 Prozent der Bevölkerung knapp 15 Kilometer von der nächsten Brauerei entfernt. Über 6000 Brauereien zählt die US-amerikanischische Brauereiunion, knapp die Hälfte sind als Craft-Beer-Produzenten registriert.

Ein Bierbrauer bei der Arbeit

Zum Vergleich: Vor ungefähr 30 Jahren gab es in den USA rund 300 Brauereien. Die Spitzenreiter unter den europäischen Craft-Beer-Produzenten sind Großbritannien, Frankreich und Italien. In Deutschland war das Wachstum bei Weitem nicht so explosiv. Heute gibt es rund 100 Brauereien mehr als noch vor zehn Jahren.

Das langsame Wachstum liegt zum einen an der soliden Biertradition, die schon lange als Teil der deutschen DNA angesehen wird und das Land auf Rang vier der weltgrößten Braunationen platziert. Und auch das weltweit einmalige deutsche Reinheitsgebot macht manchen experimentierfreudigeren Bierproduzenten einen Strich durch die Rechnung.

Zur Erinnerung: Laut Reinheitsgebot darf Bier genau aus vier Komponenten bestehen: Malz, Hopfen, Hefe und Wasser. Nach dem Zenit des Craft-Beer-Booms bleiben die Fragen: Wer sind die innovativsten Spieler am Feld, was sind die aktuellen Trends unter den Produzenten und wie schaut die Zukunft des Craft-Beer aus?

Der alternative Biergigant

Wenn es in der Craft-Beer-Welt einen Messias gibt, dann ist sein Name Greg Koch – und der ist momentan missionarisch auch schon in Europa tätig. Greg Koch ist Mitbegründer des kalifornischen Craft-Beer-Labels Stone Brewing – mittlerweile die zehntgrößte Firma dieser Art in den USA. Wer seine Twitter-Einträge liest, meint, er sei Kreuzritter im Krieg gegen die herkömmlichen Giganten der Bierindustrie.

Seit 2015 ist Stone Brewing in Berlin vertreten mit einer Brauerei und anliegend dem größten Restaurant der deutschen Hauptstadt. Seit der ersten Stunde des Unternehmens ist der absolute Verkaufsschlager ein IPA – also ein India Pale Ale. „IPAs zeichnen sich durch einen höheren Alkoholgehalt, starke Aromen nach Pinie, Tannennadeln oder gar tropischen Früchten und eine meist leicht bittere Note aus. Gerade weil das so gut zusammenpasst, ist es so beliebt“, weiß der deutsche Braumeister in der Stone- Brauerei in Berlin, Thomas Tyrell.

Der alternative Bier-Messias

Jeder Craft-Beer-Hersteller, der was auf sich hält, hat mindestens ein IPA im Angebot. Gerade weil der Markt mit dieser Art Bier überflutet wird, arbeitet Stone Brewing auch ständig an Innovationen.

Momentan zum Beispiel an einem Sauerbier. Dabei wird das Bier während der Gärung mit Milchsäurebakterien versetzt. „Das Bier bekommt dadurch einen säuerlichen, erfrischenden Geschmack, fast wie eine Limonade, aber ohne Zusatzstoffe. Perfekt für den Sommer“, erklärt Thomas Tyrell. Das Verfahren ist nicht neu, erfährt durch Craft-Beer-Produzenten aber momentan eine Renaissance.

Die Designer-Dose

Wie das Amen zum Gebet gehört – neben üppigen Bärten, ironischen T-Shirts und Hipsterbrillen – ein auffälliges, künstlerisches Design zu jedem Craft Beer. Besonders wegen des indivualistischen, kreativen Charakters der Craft-Beer-Szene sowie der steigenden Konkurrenz ist ein unverwechselbares Design der Marke und Flaschen oder Dosen ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Die Camden-Town-Brauerei in London hat sich mit dem Pop-Art-Design ihrer Dosen und Flaschen international einen Ruf gemacht.

Obwohl Gründer Jasper Cuppaidge erst 2010 den Betrieb aufgenommen hat, war es so erfolgreich, dass es 2015 vom Budweiser-Unternehmen AB InBev übernommen wurde – zum Schrecken vieler seiner Kunden. Camden spezialisiert sich auf Lager-Bier, das sich durch eine untergärige Brauweise bei niedriger Temperatur charakterisieren lässt. Das Lager schmeckt vollmundig und leicht süßlich.

Camden setzt, wie auch immer mehr andere Craft-Beer-Produzenten, auf die Abfüllung in Dosen. „Dosen bieten einfach den besseren Schutz, auch wegen ihrer Lichtundurchlässigkeit. Außerdem ist der Transport einfacher und sie lassen sich gut recyclen“, meint auch Braumeister Thomas Tyrell von Stone Brewing. Auch sie setzen immer mehr auf Dosen statt Flaschen.

Das Aromafass

Aliens, Laserpistolen, Ufos – auch einer der direkten Konkurrenten vom britischen Camden-Town-Bier setzt auf ausgefallenes Design: Beavertown-Bier entstand im Keller von Gründer Logan Plant. 2014 eröffnet Beavertowns Brauerei in Tottenham, London. Neben klassischen IPAs produzieren sie dort auch Sauerbier.

Ohne die Restriktionen durch das deutsche Reinheitsgebot wird das Sauerbier dort unter anderem mit Zitrone, Rhabarber oder Blutorange versetzt. Die fruchtigen Varianten sind vor allem im Sommer beliebt und erlauben viel Spielraum für Geschmacksexperimente. Ein weiterer Trend, der Beavertown auch nicht entgangen ist, sind im Fass gereifte Biere.

Das Aroma des Holzes oder des vorherigen Inhalts der Fässer färbt dann auf das jeweilige Bier ab und verändert seinen Geschmack. Der Alkoholgehalt ist dann meistens höher und es handelt sich oft um dunkles Bier. „Manchmal schmeckt das Bier dann nach Vanille, nach Holz oder gar nach Wein.

Besonders in den USA wird da schon viel experimentiert, aber auch hier immer mehr“, sagt Thomas Tyrell von Stone Brewing. Im Fall von Beavertown handelt es sich hauptsächlich um englische Stouts, also obergäriges Bier mit stark geröstetem Malz. Das Bier hat dabei eine kaffeeige oder schokoladige Note. Beavertown hat neben seiner Brauerei auch einen Taproom, wo man sich durch die große Auswahl verschiedener Biersorten direkt vom Zapfhahn durchschmecken kann.

„Brauereiausschenken gab es schon immer, aber die Neuinterpretation entsteht jetzt durch den Craft-Beer-Hype und die große Auswahl an Bieren. An einem Abend trinkt man in einem Taproom selten zweimal das gleiche Bier und das ist superspannend“, sagt Thomas Tyrell. Auch die Stone Brewery wird Anfang Mai einen Taproom in Berlin eröffnen, wo man 50 verschiedene Biere verkosten kann.

Die Trendsetter

In Skandinavien wiederum ist vor allem Session-Beer am Vormarsch. Dabei handelt es sich um Bier mit besonders wenig Alkoholgehalt. Nachdem es in Schweden gesetzlich verboten ist, unter der Woche Getränke mit einem Alkoholgehalt von über 3,5 Promille in Supermärkten zu verkaufen, umgeht Session Bier diese Regelung. Während die Art Bier früher gerne als wässrig und geschmacklich fad verschrien war, feiert es heute ein Comeback.

Der Bottl3 5hop in Stockholm verkauft 120 verschiedene Sorten des alkoholschwachen Biers. Besitzer Martin Jamtlid sieht eine stetig steigende Anzahl von Produzenten der Session Beers. Außerdem läuft man bei dieser Art Bier weniger Gefahr, zu später Stunde vom Barhocker zu kippen. Bei der aktuellen Popularität und Verbreitung von Craft-Beer fragt man sich manchmal, was es denn eigentlich noch vom herkömmlichen Bier unterscheidet.

Viele dieser Produzenten sind weit entfernt vom ehemaligen Klischee der kleinen Garagenbrauereien und auch mit der Unabhängigkeit wird es ab einer gewissen Größe schwierig. Was sie nun noch abhebt sind ihr Innovationspotential und ihr Trendsetterstatus. Der große Boom ist vielleicht schon vorbei, aber Craft Beer bleibt uns wahrscheinlich trotzdem noch lange erhalten.

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