Gast(t)räume

November 13, 2015

eine junge frau lehnt auf der armlehne einer couch und sieht verträumt in die kameraDie Einrichtung ist die Visitenkarte eines Lokals. Sie sorgt für den ersten Eindruck, schafft eine bestimmte Atmosphäre und ist somit neben Küche und Service bestimmender Faktor für die Popularität eines Betriebes. Manchmal sind es ganz schlichte Räume, fast alltäglich und vertraut, manchmal aber auch gebaute Träume von Ferien, vom Kino, von fremden Welten, die, in eine Raumarchitektur übersetzt, den Rahmen für Geselligkeit, Fröhlichkeit, Genuss und Sinnlichkeit bilden. In jeder Form der Gastronomie werden vor allem die Sinne der Gäste angesprochen. Nie geht es einem Gast nur um vordergründige Befriedigung von Hunger und Durst, immer sind es auch andere Bedürfnisse, die gestillt werden sollen. Menschen träumen davon, Bequemlichkeit und „Umsorgtsein“ zu erfahren, Freunde und Geselligkeit zu finden, um das Alleinsein oder einfach den Alltag zur Seite zu schieben oder gar zu vergessen. Sie wollen von fernen Ländern träumen, in die sie vielleicht nie fahren können. Sie möchten für kurze Zeit in eine andere Welt eintauchen. Aber diese Welt muss Elemente haben, die ihnen vertraut sind, Qualitäten und Details, die sie selbst aufwerten und ihnen Mut machen. Die Raumarchitektur kann hierfür durchaus Voraussetzungen schaffen, die schließlich vom Personal weiter getragen werden müssen. Der Weg zum Erfolg in der Gastronomie ist also genauso unterschiedlich wie die Gäste selbst. Trendig, rustikal, verspielt, theatralisch, abenteuerlich, minimalistisch. Unterschiedliche Stile zielen auf individuelle Bedürfnisse. Was zählt, ist das Außergewöhnliche, das Unverwechselbare, das Einzigartige. In der Küche, auf der Speisekarte, beim Interieur.

Jedes Detail in der Gastronomie oder Hotellerie dient dem Gesamtkonzept. Alle Maßnahmen sollten die gleichen fundamentalen Erkenntnisse widerspiegeln. Alle machbaren Wege tragen ihren Teil zum Gesamtwerk „Gastronomie“ bei. Man sollte immer mit einem ganzheitlichen Ansatz im Design und der Ausstattung arbeiten. Man durchleuchtet für die Ansprüche der Kunden sämtliche Möglichkeiten der Aussage und Ansprache von Zielgruppen, um das Potential aller notwendigen (Gestaltungs-) Disziplinen auszuschöpfen und miteinander zu verbinden.

Ein Speiseraum mit holztischen und lederstühlen So wie der Küchenchef für die Küche verantwortlich zeichnet, ist der Geschmack des Besitzers in Kombination mit einem (Einrichtungs-) Profi essentiell. Dabei muss letztendlich immer die Zufriedenheit des Kunden als Qualitätsmaßstab gelten! Ein guter Innenarchitekt ist gleichzeitig Ästhet, Berater, Koordinator und Macher. In all diesen Funktionen verfolgt er aber im Grunde immer nur ein Ziel: „Innen-“ und „Außen-Architektur“ so aufeinander abzustimmen, dass sie ein Gebäude „aus einem Guss“ bilden – und damit dem Kunden neue, zusätzliche Lebensqualität vermitteln.

UNTERSCHIEDLICHSTE KONZEPTE

eine junge frau liegt zwischen gelben blumen mit über dem kopf verschränkten armen Wichtigster Faktor für die erfolgreiche Adaption und Umsetzung von Trends und Design gerade in der Gastronomie ist Authentizität! In kaum einer anderen Branche ist der Kunde kritischer und sensibler bezüglich des Preis-Leistungs-Verhältnisses, gerade auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Nur wer glaubwürdig Trends umsetzt, wer bereit ist, sich auch bei Einrichtung und Tischkultur intensiv mit einem guten Konzept auseinanderzusetzen, wird im Markt und von den Kunden nachhaltig akzeptiert. Als Trendgastronom muss man die Gefahr vermeiden, Trends einfach zu adaptieren, ohne gleichzeitig einen adäquaten architektonischen, stilistischen oder zielgruppenorientierten Unterbau zu schaffen. Eine eher klassisch gehaltene Cocktailbar wird nicht einfach zur trendigen Tapas-Bar, indem das Produktangebot erweitert wird. Die heimelige Gaststube in einem Landgasthaus wird durch die Umgestaltung in einen „Traum aus Neon“ eher verlieren als gewinnen. Die Wahrnehmung aus Kundensicht von gelebter Authentizität ist entscheidend. Und diese beginnt eben beim Design und reicht bis zu Produktangebot, Service, Preis, Qualität etc. Darüber hinaus führt eine fehlende Authentizität zusätzlich zu einer Verwässerung des bisherigen Konzeptes. Im schlechtesten Fall kommen also weder neue Gäste, denen die Trendadaptierung unglaubwürdig erscheint, noch kommen die bisherigen Gäste, die diese Veränderung gleichfalls nicht akzeptieren. „Authentizität und Ambiente werden so zu einem wichtigen Faktor.“

einblick in ein restaurant mit weißen tischtüchern und einem rotweiss liniertem stuhlEin nicht zu unterschätzender Punkt im Gesamtkonzept „Gastronomie“ ist die Tischkultur: In diesem Fall wollen wir nur auf ein Detail eingehen und von grundsätzlichen Notwendigkeiten absehen – jeder Gastronom kennt sie ohnehin auswendig! So wie das Design für den Gesamteindruck verantwortlich ist, ist am Tisch die Speisekarte Visitenkarte des Gastonomen. Einige Punkte sollen aufzeigen, was an der Speisekarte „dran“ ist: Sie soll: bei der Auswahl helfen, Wareninformationen transportieren, zu Impulsbestellungen animieren, Zusatzverkäufe aktivieren, Qualität dokumentieren, den Gast gefühlsmäßig ansprechen, Informationen über den Gastronomiebetrieb enthalten, das Image des Betriebs fördern, auf ergänzende Dienstleistungen und Produkte oder auf eine Internetpräsenz des Objektes verweisen, Gästegruppen Raum zur Vorstellung bieten und Gäste unterhalten. (Hierzu eignen sich sowohl Speisekarten, die Kinder zum Spielen oder Ausmalen animieren, als auch zeitschriftenähnlich aufgemachte Karten). In Speisekarten kann man das Team vorstellen, Empfehlungen aussprechen und über Highlights des Sortiments und die Geschichte des Hauses informieren. Sie sollen amüsieren, informieren und Gästen mögliche Langeweile und Wartezeiten vertreiben. Viel Funktion für so ein kleines Detail!

DIE AKTUELLSTEN TRENDS

ein mit esstischen eingerichteter raum, als tisch für blumen und eine lampe dienen weinfässerDer Zeitgeist hat mehr Einfluss auf Design und Tischkultur als umgekehrt. Nachfolgend eine Liste von allgemeinen Trends in der Gastronomie, die sich schon nachhaltig etabliert haben oder noch werden. Die Liste ließe sich noch um einige Punkte erweitern. Das breite Spektrum macht deutlich, wie mannigfaltig die Trends in der Gastronomie und deren einzelnen Bereichen und wie gefordert Gastronom und Innenarchitekt oft sind, um am Puls der Zeit zu bleiben:

 

  • Fingerfood, Tapas, Sushi & Co erobern die Gastronomie: Klein, leicht, gesund, verbunden mit einer breiten Auswahl. Individualisierung des Foodsektors auf breiter Ebene.
  • Ready-to-drink-Getränke boomen. Egal ob Bier-, Wein- und Sektmischgetränke oder Alcopops: Die Getränkeindustrie probiert und kombiniert am laufenden Band neue Getränkevarianten. Auch hier ist eine steigende Individualisierung von Geschmack und Alkoholgehalt zu beobachten. Biermischgetränke werden zum bedeutenden Kompensat des sinkenden Bierverbrauchs.
  • Die Genussklassiker – Wein, Whisky, Zigarren – sind weiter auf dem Vormarsch. Genuss steht beim Konsumenten ganz weit oben. Sich verwöhnen, auch für kleines Geld, mit den Genussmitteln, die früher nur den Reichen und Schönen vorbehalten waren, lautet die Devise.
  • Die Kaffee-Sucht lässt weiter die Kasse klingeln: Ob „Kaffee-to-go“, klassisch mit Kuchen oder in allen neuen Variationen: Kaffee ist und bleibt eines der beliebtesten Getränke der Europäer. Neben der aktuellen Welle der schnellen Coffeeshops gewinnt aber auch wieder das traditionelle Kaffeehausangebot an Bedeutung. Auch hier zählen Wohlfühlen und Einfachheit zu den obersten Geboten.
  • Das Internet hält zunehmend Einzug in die Gastronomie. Neuester Trend ist der kabellose Internetzugang (WLAN) für den Gast in seinem Stammcafé oder seiner Lieblingsbar.
  • Die Retro-Welle geht wiederum völlig andere Wege und weckt Erinnerungen an die „gute alte Zeit“. Egal ob 50er, 60er oder 70er: In wirtschaftlich schlechten Zeiten werden Dinge wieder aktuell, die in guter Erinnerung sind. Der so genannte „Emotionale Anker“ gewinnt gerade in der Gastronomie wieder an Bedeutung. Es sind Konzepte gefragt, die Geborgenheit und Wohlgefühl vermitteln.
  • Zu guter Letzt macht sich die Aufwertung eines zumeist unterschätzten Bereiches des Lokals bemerkbar: Toiletten können durchaus als Erlebnis-, Kommunikations- und Kontakträume dienen – Videomonitore erlauben Entertainment und Werbung, Unisex-Waschvorräume fördern Kommunikation und soziale Kontakte.

 

DIE MEINUNG DER PROFIS

ein bartresen und dazu passend und in rot gehaltene barhocker Inzwischen spezialisieren sich immer mehr Architekten auf Gastrodesign, und immer mehr Tischler oder Einrichtungshäuser fokussieren – teilweise schon seit Jahren und entsprechend erfolgreich – ihre professionellen Kräfte in Richtung Gastronomie und Hotellerie. Dabei wissen die Profis sehr gut, worauf es bei der Raumgestaltung im Allgemeinen und beim Design von Lokalen im Besonderen ankommt. Ein gutes Beispiel dafür ist das auf Gastronomie und Hotellerie spezialisierte Planungs- und Einrichtungshaus Schwan im oberösterreichischen Schwanenstadt, das mit dem Motto „Wir schaffen Erfolgslokale“ antritt. Dass man dies mit so großer Sicherheit versprechen kann, begründet Seniorchef Walter Köck mit der umfangreichen Analyse im Planungsstadium. „Soll ein Lokal erfolgreich sein, so müssen – im Gegensatz zur privaten Wohnraumgestaltung – fünf Kriterien erfüllt sein: Das richtige Lokal muss am richtigen Platz für die richtige Zielgruppe das richtige Produkt anbieten und vom richtigen Betreiber geführt werden. Gerade Letzteres wird oftmals unterschätzt: Wenn der Betreiber sein Konzept nicht lebt, wird er unglaubwürdig und damit erfolglos.“

Für die Zukunft rechnet Walter Köck vor allem im städtischen Bereich mit einer weiteren Zunahme des exotischen Speise- und damit auch Einrichtungsangebotes sowie mit dem verstärkten Einsatz von Multimedia-Equipment im Gastrobereich. Peter Kletzenbauer von der gleichnamigen Tischlerei im steirischen Weiz, die sich ebenfalls auf die Gestaltung von Lokalen spezialisiert hat, sieht in der Flexibilität die wichtigste Anforderung an die Raumgestaltung in der Gastronomie und Hotellerie: „Dies gilt nicht nur für das Design, das an die Gegebenheiten optimal angepasst sein sollte, sondern auch für die Preisgestaltung, die maßgeschneidert sein sollte.“ Von großer Bedeutung sind für ihn auch Widerstandsfähigkeit und Langlebigkeit der Einrichtung, an die in der Gastronomie wesentlich höhere Anforderungen gestellt werden als im privaten Bereich. Aktuelle Trends sieht er nicht nur für die Gastronomie, wenn man an die neuen Essgewohnheiten denkt, sondern auch für seine eigene Branche. „Wir entwickeln uns immer mehr in Richtung eines Komplettausstatters. Der Kunde möchte einen einzigen Ansprechpartner, bei dem er vom Bodenbelag über das Mobiliar bis hin zum kompletten Finanzierungsmodell alles aus einer Hand bekommt.“

CHECKLIST:

Weinregale Diese Liste ist als Orientierungshilfe zu sehen, denn Rat und Tipps in Sachen Design und Tischkultur holt man sich am besten noch immer von den Profis.

 

  • Was ist neu und/oder besonders am Konzept?
  • Welche Wertigkeit des Restaurants wird angestrebt?
  • Welche Kundenschicht wird angesprochen?
  • Wie sieht das „Layout“, die „Identity“ des Lokals aus? Küche und Gastraum müssen geeignet sein, Arbeitsgeräte und logistische Systeme effizient zu bedienen und gleichzeitig ein Gesamtkonzept oder -design zu repräsentieren.
  • Wie gestaltet man den Produktionsprozess in der Küche, wie den Ablauf des Service, und wie soll ein Restaurantbesuch aus der Sicht der Gäste ablaufen?
  • Sind die entstehenden Arbeitsplätze attraktiv? Werden die Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten?
  • Wie kostengünstig kann man bauen? Die sich ergebenden Fixkosten müssen im Plan sein.
    Am wichtigsten bei der Gestaltung ist: Das Ergebnis muss den Gästen gefallen. Ob es den Kollegen des Architekten gefällt, ist unwichtig.

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